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Donald Trump in der Krise: Der Frust-Präsident

June 19
10:41 2020
US-Präsident Donald Trump muss wieder einige Rückschläge einstecken, jetzt will er seine Wahlkampagne neu starten Icon: vergrößern

US-Präsident Donald Trump muss wieder einige Rückschläge einstecken, jetzt will er seine Wahlkampagne neu starten

Leah Millis/ REUTERS

Es ist alles so schön vorbereitet. US-Präsident Donald Trump will am Wochenende in Tulsa, Oklahoma, mit vielen Zehntausend Anhängern feiern. Die Sause unter der Überschrift "Great American Comeback" ist Trumps erste große Wahlkampf-Kundgebung seit Ausbruch der Coronakrise. "Das soll ein Fest werden", sagt Trump voller Vorfreude.

Trump will mit dem Mega-Event Optimismus verbreiten. Etliche seiner prominentesten Getreuen werden aus dem ganzen Land eingeflogen, Bands sollen auftreten, Fox News überträgt live. Schon jetzt stehen die Trump-Fans vor der gigantischen Fest-Halle Schlange, um am Samstag die besten Plätze zu ergattern.

Alles soll so sein wie früher, so wie vor der Coronakrise. Der Auftritt in Oklahoma ist von Trump und seinen Strategen als Signal der Stärke gedacht, als Neustart in den Wahlkampf. In Wahrheit wirkt das Festival aber eher wie ein Akt der Verzweiflung.

Wenige Monate vor der Präsidenten-Wahl fehlt der Kampagne des Amtsinhabers Schwung. Wenn nicht bald ein Wunder passiert, muss Trump fürchten, am 3. November von einem regelrechten politischen Erdrutsch aus dem Amt bugsiert zu werden.

Ist Trump amtsmüde?

Die Coronakrise hat das Land weiter im Griff, Millionen Amerikaner sind arbeitslos, auf den Straßen wird gegen Rassismus und gegen Trump demonstriert, die Umfragewerte für den Präsidenten sind vielerorts miserabel. Selbst einige republikanische Hochburgen wie Arizona oder North Carolina geraten in Gefahr, von Trumps Rivalen Joe Biden übernommen zu werden.

Verstärkt wird die krisenhafte Stimmung von den brisanten Enthüllungen des früheren Sicherheitsberaters John Bolton, die Trump einmal mehr als machthungrigen, skrupellosen Egomanen erscheinen lassen.

Schon wird in der New York Times gemunkelt, der Präsident könnte möglicherweise die Lust an seinem Job verlieren, also amtsmüde sein. Selbst unter seinen Beratern würden sich einige die Frage stellen, ob Trump überhaupt noch an einer zweiten Amtszeit interessiert sei, schreibt das Blatt. Er wirke defensiv, bade in Selbstmitleid und unternehme kaum ernsthafte Versuche, aus dem Tief wieder herauszufinden.

Tatsächlich wirkt es derzeit so, als befände sich Trump in einer Abwärtsspirale, aus der es kein Entrinnen gibt. Nichts scheint ihm mehr zu gelingen. Zu allem Überfluss hat der Oberste Gerichtshof des Landes dem Präsidenten nun auch noch eine bittere Niederlage verabreicht. Die Richter entschieden, dass Trump gut 700.000 Kinder illegaler Migranten, die so genannten "Dreamer", nicht so wie von ihm eigentlich geplant ausweisen darf. Mitten im Wahljahr zerbröselt damit eins von Trumps wichtigen Versprechen aus dem letzten Wahlkampf.

Der Präsident braucht dringend ein Erfolgserlebnis. Die Party in Tulsa soll deshalb wohl nicht nur Trumps Anhängerschaft in Schwingung versetzen, sondern ist von den Beratern zugleich als politisches Aufputschmittel für den Boss gedacht. Wie ein Süchtiger, der seinen Stoff braucht, giert Trump nach dieser Art von Jubel-Veranstaltungen, um sein Ego zu pflegen. Trump soll sein Team bereits seit Wochen dazu drängen, endlich wieder Groß-Kundgebungen zu organisieren.

Der Auftakt in Tulsa ist bewusst gewählt: Oklahoma ist eine republikanische Hochburg, es gibt viele glühende Verehrer und Verehrerinnen des Präsidenten, komme, was wolle. Trump gewann den Staat bei der Wahl 2016 mit märchenhaften 36 Prozentpunkten Vorsprung vor Hillary Clinton. Die Region hat zudem verhältnismäßig wenig Corona-Fälle, es gibt wenige Einschränkungen. So gesehen, ist Tulsa die perfekte Kulisse für Trump, um seine Botschaft vom vermeintlichen Ende der Krise unter das Volk zu bringen.

Zugleich sind Zeitpunkt und Ort des Treffens jedoch problematisch: In Tulsa wurde 1921 eines der größten Massaker eines weißen, rassistischen Mobs an Schwarzen verübt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Proteste nach dem Tod von George Floyd in Minneapolis wirkt Trumps Auftritt ausgerechnet an dieser Stelle für viele Kritiker so mehr als unpassend. Der Präsident ließ sich zudem erst nach Protesten auch von Freunden dazu bewegen, eine weitere Taktlosigkeit zu umgehen: Er verschob seinen Auftritt vom 19. Juni auf den 20. Juni, da am "Juneteenth" traditionell das Ende der Sklaverei in den USA gefeiert wird.

Und natürlich ist da auch noch die Gefahr durch Covid-19: In Oklahoma und anderen Staaten im Süden der USA steigt die Zahl der Infektionen derzeit wieder an. Gesundheitsexperten warnen davor, dass die Zusammenkunft von vielen Zehntausend Menschen bei der Trump-Party zu einer verstärkten Ausbreitung von Covid-19 führen könnte. Einen möglichen "Super Spreader Event" nennt der Chef der örtlichen Gesundheitsverwaltung, Bruce Dart, den Trump-Auftritt. Er bat um die Verschiebung der Feier, ohne Erfolg. Nun fordert er Menschen über 60 auf, keinesfalls in die Halle zu gehen, sondern zu Hause zu bleiben.

Trump und seine Wahlkampf-Helfer ficht das derweil nicht an. Sie planen das Fest so oder so – und wollen am Eingang Masken und Desinfektionsmittel verteilen. Alle Teilnehmer müssen zudem schriftlich zusagen, dass sie das Trump-Team nicht vor Gericht verklagen werden, falls sie sich mit Covid-19 anstecken.

Icon: Der Spiegel

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