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“Dann käme ich in den Knast!”: Als ein russischer Model-Wettbewerb das Trainingslager verhinderte

July 23
21:36 2024

Redelings Nachspielzeit

In Abgeschiedenheit auf die neue Saison vorbereiten, das war einmal.

In Abgeschiedenheit auf die neue Saison vorbereiten, das war einmal.

Jetzt zieht es die Vereine wieder hinaus in die Welt, um sich in einem Trainingslager die letzte Power für den Saisonstart zu holen. Doch die Historie zeigt: Nicht selten ging in den Übungscamps etwas schief. Astronautennahrung, Eimer zum Kotzen und die legendäre "Miss Banana" erzählen so manch kuriose Geschichte.

Als Friedhelm Funkel noch Coach der Düsseldorfer Fortuna war, schüttelte er über die Trainingsmethoden einer seiner legendären Vorgänger, Rolf Schafstall, grinsend den Kopf: "Wenn wir heute so trainieren würden, das sage ich mal etwas überspitzt, dann käme ich in den Knast." Was manche Menschen damals möglicherweise für einen Scherz gehalten haben, würden Zeitzeugen mit einem dicken Stift extra fett unterschreiben. Denn es gibt Aufnahmen, wie Rolf Schafstall eines Tages einmal mit einem Kamerateam auf dem Trainingsplatz in Bochum stand und voller Abscheu in Richtung seiner Spieler rief: "Wenn ich das manchmal sehe, was wir hier für schwache Fußballer haben. Man, man, man!"

Zum Autor

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  • Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.

Der ZDF-Reporter fragte ihn damals etwas scheinheilig, ob es denn nicht mal eine tolle Idee wäre, die eigenen Frauen mit ins Trainingslager zu nehmen – da gäbe es schließlich die Möglichkeit für ein "bisschen gemeinsame Zeit" und insgesamt würde dann sicherlich auch "ein schöneres Klima" herrschen. Sekundenlang starrte Rolf Schafstall nach der Frage des Filmemachers sprachlos in die Kamera. Nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, antwortete er ohne Umschweife hart und direkt: "Nein, ich mein', das ist überzogen. Wir haben da einen knallharten Job. Von uns wird etwas verlangt, wir müssen Punkte machen, müssen in der Tabelle etwas erreichen. Wir wollen in der Bundesliga, gerade wir, speziell der VfL Bochum, bleiben. Da sind dann alle anderen Dinge Nebensächlichkeiten. Frauen gehören eben an den heimischen Herd, dürfen zu Hause bleiben, und wir Männer wollen dann schon ganz gerne unter uns sein!"

Team-Betreuer hinter der Zimmerpflanze

Die eigenen Frauen im Trainingslager – das ist aber auch in der Tat ein herrlich absurder Gedanke des Journalisten gewesen. Fremde Frauen hingegen sind prinzipiell möglich, wie eine andere Geschichte aus den frühen achtziger Jahren zeigt. Damals war Schafstall mit seiner Mannschaft für zwei Wochen im idyllischen Sauerland unterwegs. Eines Abends nutzte er den Aufenthalt, um in der näheren Umgebung zu einer Spielerbeobachtung zu fahren. Offenbar wussten das die Kicker des VfL schon etwas länger, denn sie hatten sich generalstabsmäßig auf die sturmfreien Buden vorbereitet. Diese emsigen Aktivitäten waren nun wiederum den Mannschaftsbetreuern nicht entgangen, die sich hinter einer Zimmerpflanze in der Lobby versteckt hielten und auf alles vorbereitet schienen, was sich denn da in den folgenden Stunden bis zur Rückkehr des Trainers auch zutragen mochte.

Doch als an der Rezeption vier leicht bekleidete Damen auf hochhackigen Schuhen einige Spielernamen nannten und nach deren Zimmernummern fragten, rieben sie sich dann doch ungläubig die Augen. Nervös diskutierten sie, was zu tun sei. Letztendlich entschieden sie sich für den schnellen, rücksichtslosen und beherzten Zugriff und eilten die Treppen hinauf zu den Zimmern der Spieler. Von draußen lauschten sie, hörten aufgeregtes Geplapper und stürmten hinein. Brav um einen Tisch gereiht, saßen die Damen mit drei Spielern zusammen und rauchten. Still standen die Betreuer den Profis gegenüber und starrten sie an. Bis draußen auf dem Flur deutlich ein fröhliches Pfeifen zu vernehmen war.

"Trainingslager auf Alcatraz"

Dann öffnete sich die Tür und hereintrat mit einem Lächeln auf dem Gesicht und vier Sektgläsern auf einem Tablett ein weiteres Teammitglied. Als der Spieler die Mannschaftsbetreuer erblickte, machte er mit einem eleganten Schwung auf dem Absatz kehrt und verließ, ohne ein Wort zu sagen, immer noch pfeifend das Zimmer. Die vier durstigen Damen folgten unter den mürrischen Blicken der frustrierten Spieler wenige Augenblicke später. Trainer Rolf Schafstall soll angeblich nie etwas von diesem misslungenen Tête-à-Tête erfahren haben.

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Doch ein verunglückter Damenbesuch ist nur einer der Punkte, die immer wieder in Rückblicken der alten Legenden auftauchen. Der heutige HSV-Vorstand Stefan Kuntz beklagte sich einmal über andere typische Kritikpunkte eines Trainingslagers: "Die Zimmer waren etwas größer als eine Astronautenkapsel, und das Essen erinnerte eher an Astronautennahrung." Wobei das Thema Essen auch noch auf eine ganz andere Art und Weise zu betrachten wäre, wie Trainer Peter Neururer einmal mit einer Ansage an die Spieler unter Beweis stellte: "Ihr könnt Eimer zum Kotzen mitnehmen." Jan Åge Fjørtoft mutmaßte zu Felix Magath Zeiten bei der Frankfurter Eintracht einmal völlig körperlich zugrunde gerichtet: "Demnächst werden wir wohl auf Alcatraz unser Trainingslager abhalten." Frivole Abenteuer in feuchtfröhlicher Atmosphäre waren unter "Quälix" aber wohl damals schon nicht (mehr) möglich.

Der frühere Bayer-Manager Reiner Calmund beschrieb die veränderte Lage im Jahr 2001 einmal auf besonders eindrucksvolle Art und Weise: "Die Spieler sind heute zum Teil kleine Bratwürste. Schlafmützen, die pennen, und kommen nicht aus den Füßen. Heute schleicht sich keiner aus dem Trainingslager, früher mussten wir die Jungs mit dem Lasso einfangen. Heute holen sich die Spieler brav den Schlüssel an der Rezeption, nehmen ihr Handy, ihren Kopfhörer – dann geht es ding, ding, dumm. Den ganzen Tag: Essen, Massage, ding, ding, dumm. Früher haben die Frauen angerufen, dass die Männer nicht ausbüxen. Heute rufen die Jungs an, ob ihre Frauen noch zu Hause sind."

"Frauen sind das beste Trainingslager"

Im Jahr 2015 sorgte allerdings eine ganze besondere Meldung für Aufregung: Der damalige Drittligist MSV Duisburg hatte sein Quartier für das Trainingslager in der Türkei umgebucht, weil im ursprünglich reservierten Hotel zeitgleich ein russischer Model-Wettbewerb mit 400 Teilnehmerinnen stattfinden sollte. Augenzwinkernd verkündete man: "Wir wollen uns ja in aller Ruhe auf die Frühjahrsserie vorbereiten können"! Das muss man erst einmal sacken lassen. Was für jeden Kreisliga-Fußballer das Paradies auf Erden bedeuten würde, sollte der heutigen Generation von Profi-Fußballern vorenthalten werden – aus Sorge, man hätte nicht die nötige "Ruhe"?

Man darf getrost feststellen: So etwas hätte es früher nicht gegeben!

Damals buchte der Nachwuchsspieler von Hannover 96, Rainer Zobel, sein Trainingslager-Flugticket – er sollte verspätet nachreisen – sogar eigenhändig um, weil er anstatt zusammen mit seinen Kollegen auf dem Platz zu schwitzen, lieber etwas anderes tun wollte. Nach dreitägiger Suche fand man Zobel schließlich. Er hatte die Zeit lieber bei seiner Freundin Zuhause verbracht. Getreu der alten Maxime von Bremens Trainer-Legende Otto Rehhagel: "Frauen sind das beste Trainingslager". Dieses Zitat ergänzte der Werder-Manager Willi Lemke übrigens irgendwann einmal um den Satz: "… die eigene natürlich."

Teamkameraden verhindern Verlobung

In Stuttgart unvergessen bleibt die Geschichte des jungen Markus Elmer. Der VfB-Spieler hatte sich am Nachmittag für einen Besuch des Schwimmbads – nur mit Badehose und T-Shirt bekleidet – ordnungsgemäß bei seinen Eltern abgemeldet. Doch als er nach zwei Tagen immer noch nicht heimgekehrt war, rief sein besorgter Vater beim VfB an und erfuhr, dass das Nachwuchstalent zusammen mit der Mannschaft in Griechenland sei. Aber auch dort wurde Elmer schon wieder gesucht. Als die Mitspieler ihn schließlich nachts gegen 24 Uhr fanden, saß der junge Mann auf einer großen Familienfeier an einem großzügig gedeckten Tisch und schenkte sich gerade ein großes Glas Ouzo ein. Strahlend erzählte Elmer seinen Kollegen den Grund für das Fest. Er wolle sich in wenigen Minuten offiziell mit der Tochter des Hauses verloben. Unter einem Vorwand lockten die Kameraden den Liebestrunkenen gerade noch rechtzeitig von der Feier weg und schlossen ihn bis zur Abreise im Hotel ein.

Auch der junge Schalke-Torwart Jens Lehmann wollte nach der harten Trainingsarbeit auf ein bisschen Spaß nicht verzichten und so seilte er sich in Florida des Nachts etwas übermütig aus dem Zimmer des Hotelhochhauses, in dem der S04 logierte, ab. Lehmanns Spritztour endete allerdings abrupt auf dem Balkon seines Trainers Peter Neururer – da die zusammen geknoteten Betttücher nicht lang genug waren.

Christoph Daum und die "Miss Banana"

Die Zeiten für Fußballer wurden schließlich endgültig rauer, als Boulevardzeitungen Bilder aus den Trainingslagern zu veröffentlichen begannen. Auf einem solchen Foto hatte sich der Übungsleiter Christoph Daum dummerweise etwas zu nah an die frisch gekürte "Miss Banana" gewagt. Was zur Folge hatte, dass die Ehefrau zu Hause im Supermarkt Sätze wie diesen zu hören bekam: "Ah ja, ihr Mann ist mit den Kölnern im Trainingslager. Er muss hart ran, haben wir gesehen!"

Übrigens: Zwischenzeitlich hat man damals beim VfL Bochum tatsächlich einmal versucht, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Zusammen mit den Frauen fuhr man für zwei Wochen auf die schöne Insel Sylt. Präsident Ottokar Wüst war zufrieden: "Westerland ist schon ein heißes Pflaster. Da ist es besser, wenn die Herren unter der Obhut ihrer Damen stehen!" Doch es sollte bei diesem einen Ausreißer bleiben. Mannschaft und Trainer rebellierten im Anschluss an die Reise erfolgreich. Und das bis heute.

Quelle: ntv.de

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