Coronavirus in den USA: Protest gegen Corona-Einschränkungen
Präsident Donald Trump will möglichst bald die Wirtschaft wieder öffnen – die Demonstrationen seiner Fans in gut 20 Bundesstaaten könnten ihm dabei helfen.
Für Donald Trump ist der Fall wieder einmal klar. Er habe in seiner Amtszeit unglaublichen wirtschaftlichen Erfolg gehabt, großartige Zahlen, verkündete Trump im Weißen Haus. Dann kam die Coronakrise, und er musste leider alles zusperren. Für ihn stehe fest: "Ich werde die Wirtschaft einfach ein zweites Mal wieder aufbauen."
Das Versprechen vom baldigen großen wirtschaftlichen Comeback der USA nach der Krise ist Trumps Wahlkampfschlager. Der Präsident steht unter Druck, mehr als 41.000 Amerikaner sind bereits in der Pandemie gestorben, die Wirtschaft ächzt unter den Folgen der Lockdown-Maßnahmen, Millionen von Amerikanern verlieren derzeit jede Woche ihre Jobs – und Trumps Krisenmanagement wird von vielen Bürger kritisch gesehen.
In einer neuen Umfrage von Wall Street Journal und NBC zeigten sich 52 Prozent der Befragten unzufrieden mit der Arbeit ihres Präsidenten in der Krise. Nur 44 Prozent sind demnach mit Trump zufrieden. Müsste jetzt ein neuer Präsident gewählt werden, würden sich 49 Prozent der Befragten für Trumps Rivalen Joe Biden aussprechen, 42 Prozent stehen hinter dem Amtsinhaber.
Proteste sind für Trump eine Gelegenheit
Mit dem Versprechen vom großen Comeback der US-Wirtschaft will Trump deshalb offenkundig das Wahlvolk beruhigen und zugleich die eigene Basis mobilisieren – gegen die Demokraten, die aus seiner Sicht nichts von Wirtschaft verstehen.
Wie gerufen kommt Trump da, dass in immer mehr Bundesstaaten einzelne Gruppen gegen die von den örtlichen Gouverneuren verhängten Lockdown-Maßnahmen demonstrieren. Die Protestler schwenken amerikanische Flaggen und fordern von den Gouverneuren in Sprechchören ein Ende sämtlicher Einschränkungen.
Für Trump bietet sich hier eine Gelegenheit. Er selbst hat sich in den vergangenen Wochen im Streit mit den Gouverneuren der einzelnen Staaten immer wieder als derjenige präsentiert, der für ein baldiges Ende von bestimmten lokal verordneten Lockdown-Maßnahmen eintritt. Nun erhebt sich vielerorts seine Parteibasis und verstärkt ungeduldig diesen Ruf. Oftmals – nicht immer – richtet sich der Protest gegen demokratische Gouverneure, was für Trump natürlich besonders praktisch ist.
Wie so oft in Amerika geht es so wieder einmal um einen politischen Kulturkampf und manch einer vergleicht die Anti-Lockdown-Truppe schon mit der "Tea-Party"-Bewegung. Viele Protestler halten die andauernden Lockdown-Maßnahmen wegen der Coronakrise für eine typische staatliche Zwangsmaßnahme liberaler Eliten und Wissenschaftler, auf selbst gemalten Schildern ist von "Tyrannei" die Rede. Einige rechtsradikale Milizen erscheinen sogar mit der Waffe in der Hand zu den Protesten. Und bei Trumps Lieblingssender Fox News berichten sie voll freudiger Erregung über die Aufmärsche.
"Sie lieben unser Land"
Einige der neuen Protestkundgebungen werden von Trump-Unterstützern angeführt. In Michigan kommen sie zum Teil aus dem Dunstkreis der republikanischen Partei. In Texas wurden die Demonstranten am Wochenende von dem rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker Alex Jones angefeuert, der bereits im Wahlkampf 2016 ein Wegbereiter für Trumps Erfolg war.
Trump, der selbst ernannte Eliten-Kritiker im Präsidentenamt, trägt derweil lustvoll seinen Teil dazu bei, die Truppen in Schwingung zu versetzen. Er fährt eine Art Doppelstrategie. Mal gibt er sich vorsichtig und abwägend, wenn er über das Ende der Lockdown-Maßnahmen spricht. Ausdrücklich lobt er einzelne demokratische Gouverneure wie Andrew Cuomo aus New York für die gute Zusammenarbeit mit seiner Regierung.
Dann wieder tritt er fordernd und mahnend auf. Am Wochenende verlangte Trump via Twitter, Bundesstaaten wie Minnesota und Michigan sollten "befreit" werden. Zugleich lobte er die Demonstranten ausdrücklich als "großartige Menschen." Die Leute bekämen in der Coronakrise eben einen "Lagerkoller", so Trump. "Sie wollen ihr Leben zurückhaben. Sie lieben unser Land. Sie wollen wieder arbeiten."
Sollte der Aufstand der Trump-Truppen in den Bundesstaaten weitergehen, könnte dies für die Demokraten ein ernsthaftes Problem werden. Ihre Gouverneure geraten unter Druck zu handeln, obwohl sie eigentlich lieber vorsichtig wären.
Die Mobilisierung zum Kulturkampf ist für die Partei und ihren designierten Kandidaten Joe Biden zudem in jenen Staaten brisant, die sie für einen Erfolg im November unbedingt verteidigen müssen oder von Trump zurückerobern wollen. Wisconsin und Michigan zählen dazu, genauso wie Pennsylvania, wo gerade erst am Montag gegen den demokratischen Gouverneur protestiert wurde. Hier können sich die Demokraten bei der Wahl keinerlei Schwäche leisten.
Für Trump ist die Rechnung derweil relativ einfach: Kommt die Wirtschaft bis zur Wahl nicht wieder in Schwung, kann er die Schuld auf die Lockdown-Maßnahmen der Gouverneure schieben. Geht es dagegen voran, wird er diesen Erfolg für sich in Anspruch nehmen.