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Corona und Heinsberg: Landrat Stephan Pusch steht zu seinem Brief an Peking

April 26
21:32 2020

Der Kreis Heinsberg gehörte zu den ersten in Deutschland, in denen das Coronavirus besonders heftig wütete. Landrat Stephan Pusch bat vor einem Monat um Hilfe bei Chinas Staatspräsident – und verteidigt bis heute sein Vorgehen.

Heinsberg ist ein Symbol geworden. Für die Corona-Pandemie in Deutschland, für den Umgang mit ihr, auch für pauschale Ausgrenzung, von denen manche Bewohner im Westen der Republik berichten.

Der Kreis mit seinen rund 254.000 Einwohnern reagierte früher als andere mit Quarantäne-Maßnahmen, mit Schul- und Kitaschließungen, mit dem Verbot von Großveranstaltungen, nachdem sich nach einer Karnevalsfeier im Februar das Virus massiv ausgebreitet hatte.

Ein Mann steht seitdem im Fokus und hat es sogar bis in ausländische Medien gebracht. Die britische "The Times" etwa lobte jüngst Puschs Weg beispielhaft als "Germany's Wuhan" – in Anspielung auf die Stadt in China, in der das Virus mutmaßlich weltweit seinen Ausgang nahm und nach anfänglichem Zögern mit harten Maßnahmen bekämpft wird.

Vor allem aber fiel der CDU-Politiker Pusch vor etwas mehr als einem Monat – am 23. März – durch einen offenen Brief an den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping auf – ein ungewöhnlicher Weg. Darin bat der Jurist, Jahrgang 1968, um Unterstützung für Krankenhäuser in seinem Kreis. Das kommunistische China, seit Wochen um eine Imageverbesserung massiv bemüht, lieferte prompt 15.000 Mund-Nasen-Masken.

Seinen Brief an Chinas Staatspräsident verteidigt der Christdemokrat bis heute – trotz mancher kritischen Stimme aus der Öffentlichkeit, er habe damit der Propaganda-Maschinerie Pekings einen Dienst erwiesen, zumal auch Lieferungen der Bundeswehr eintrafen. "Zu der Zeit meines Briefes an die chinesische Regierung bestand die konkrete Gefahr, dass Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen ohne ausreichende Schutzkleidung arbeiten musste", so Pusch jetzt zum SPIEGEL. Und er führt weiter aus: "Da war ich gezwungen, nach jedem möglichen Strohhalm zu greifen. Politische Überlegungen standen da außen vor."

Weitere Lieferungen aus China eingetroffen

Der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, versprach nach den ersten Hilfslieferungen weitere Güter. Ein Teil davon erreichte Heinsberg, wie Pusch dem SPIEGEL in einer Mail bestätigte: "Kleinere Lieferungen mit Masken und Schutzanzügen sind bereits eingetroffen, es stehen aber auch noch angekündigte Lieferungen aus." Mit der chinesischen Botschaft in Berlin hat Pusch nach eigenen Angaben keinen regelmäßigen Austausch. "Allerdings haben Experten aus dem medizinischen Bereich Kontakt zu unserem Gesundheitsamt aufgenommen", sagt er.

Das Engagement Chinas wurde unlängst in der deutschen Politik scharf kritisiert. In einem internen Vermerk des Bundesverteidigungsministeriums, der dem SPIEGEL vorliegt, wurde Besorgnis über die PR-Strategie Pekings ausgedrückt. Und der Vizevorsitzende der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe, der FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel, erklärte gegenüber dem SPIEGEL, nicht die Hilfslieferungen aus China seien ein Problem, "sondern die Propaganda, die damit einhergeht und die EU als schwach, unsolidarisch und zerstritten zeigen soll". Vogel wies auch darauf hin, dass im Januar auch im großen Umfang Hilfen von der EU nach China gingen und dass Chinas kommunistische Führung noch zu Jahresbeginn die Uno-Gesundheitsorganisation WHO über den Ausbruch des Virus im Unklaren gelassen habe. Auch seien in Wuhan chinesische Ärzte bedroht worden, "die frühzeitig auf die Gefahren hinwiesen".

China versuchte Beamte zu kontaktieren

Dass China sich um ein positives Bild bei deutschen Regierungsbeamten aktiv bemüht, wurde jetzt auch durch eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Margarete Bause bekannt. Wie die Bundesregierung ihr in einer Antwort mitteilte, seien Kontaktversuche aus China erfolgt "mit dem Zweck, öffentliche positive Äußerungen über das Coronavirus-Management der Volksrepublik China zu bewirken". Dafür seien Beamte in Bundesministerien kontaktiert worden, was das Auswärtige Amt nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" alarmierte.

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