Corona: Regierungen während der Pandemie – “Blind vor Macht”
Sitzungen werden verkürzt, Tagesordnungen eingeschränkt, Anfragen zurückgehalten. Die Landesregierungen greifen in Grundrechte ein, die Opposition kann oft nur zuschauen.
Matthias Bartsch, Felix Bohr, Annette Bruhns, Lukas Eberle, Jan Friedmann, Annette Großbongardt, Hubert Gude, Christopher Piltz und Steffen Winter
Der Kieler SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner ist bekannt dafür, dass er austeilen kann. Lange gab er in der SPD den linken Miesepeter, der nörgelte und kritisierte, wo es nur ging. Nun, mitten in der Coronakrise, zeigt er sich plötzlich gut gelaunt und versöhnlich.
"What a wonderful world", twitterte er zu Ostern als Musiktipp an seine Follower. Das mag damit zusammenhängen, dass er wieder gefragt ist. Voriges Jahr scheiterte er mit seiner Kandidatur für den SPD-Bundesvorsitz und musste den Landesvorsitz abgeben, jetzt sitzt er mit im Krisenkabinett der Landesregierung. Er habe Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) angeboten, nötige Corona-Maßnahmen öffentlich mitzutragen – worauf der ihn ins Kabinett bat.
Für Günther zahlt es sich aus, den notorischen Kritiker einzubinden. Handzahm lobt der Oppositionsführer nun die Arbeit der Landesregierung. "Es läuft vernünftig in Schleswig-Holstein, auch wenn manche Bundesländer eine forschere Öffentlichkeitsarbeit betreiben", sagt Stegner. "Markus Söder etwa hatte seine Biergärten in Bayern noch offen, als wir Gastronomiebetriebe schon geschlossen hatten."