Corona: Raus aus dem Lockdown – so schnell wie möglich
Ein Debattenbeitrag von Alexander Kekulé, Julian Nida-Rümelin, Boris Palmer, Christoph M. Schmidt, Thomas Straubhaar und Juli Zeh
Bis jetzt ist der Kelch an uns vorübergegangen. Die schrecklichen Bilder aus den überforderten Krankenhäusern Italiens haben sich hierzulande nicht wiederholt. Deutschland war gut vorbereitet und hat rechtzeitig die Kontakte beschränkt. Die Bevölkerung hat sich vernünftig verhalten, und so sind heute in der Bundesrepublik viele Intensivbetten frei.
Dahinter steht eine erstaunliche Gemeinschaftsleistung, die Anerkennung verdient. Noch sind wir aber keineswegs auf der sicheren Seite. Die Krise kann sich jederzeit wieder zuspitzen, wenn wir zu unvorsichtig werden. Zugleich ist der Lockdown im Begriff, unser soziales, kulturelles und wirtschaftliches Leben zu ruinieren. Wir müssen Gesundheit, Wirtschaft und Rechtsstaat gleichermaßen schützen. So, wie wir es derzeit angehen, laufen wir Gefahr, alle drei Ziele zu verfehlen.
Der Lockdown am 22. März war richtig, weil die Neuinfektionen zuvor steil angestiegen und die Gesundheitsämter überfordert waren. Doch mittlerweile hat sich die Lage stabilisiert. Die exponentielle Entwicklung der Epidemie wurde durchbrochen, ein Infizierter steckt im Durchschnitt weniger als einen Menschen an. Solange wir die Reproduktionszahl unter eins halten, ist das Coronavirus zwar auf dem Rückzug. Dafür aber nehmen die Nebenwirkungen des Lockdowns exponentiell zu. Die Bürger müssen hinnehmen, dass ihre verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte enorm beschränkt werden. Zudem bringt der verordnete Ruhezustand der Volkswirtschaft viele Haushalte und Unternehmen an den Rand ihrer Existenz.