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Corona-Krise in den USA: Wahlkampf gegen China

April 23
23:21 2020

Mit Attacken auf Peking will Donald Trump von eigenen Versäumnissen in der Coronakrise ablenken. Sein demokratischer Widersacher Joe Biden spielt das Spiel mit – und das könnte für ihn riskant werden.

Das Video ist mit dramatischer Musik unterlegt, es zeigt immer wieder denselben Mann, verschiedene Zitate von ihm werden eingeblendet. Es hat eine klare Botschaft: "Seit 40 Jahren irrt sich Joe Biden in Bezug auf China." Am Ende weht eine chinesische Flagge über dem Gesicht des früheren Vizepräsidenten.

Der Clip kursiert seit einigen Tagen im Netz. Er ist von einem sogenannten Super Pac finanziert, der Donald Trump unterstützt. Und er macht klar, was das große Thema des Präsidentschaftswahlkampfs sein könnte: das Verhältnis zu Peking, dem weltpolitischen Rivalen der USA.

"Niemand ist härter mit China umgegangen als ich", sagte Trump bei seinem täglichen Corona-Briefing im Weißen Haus am Dienstag. Sein demokratischer Konkurrent Biden hingegen, so suggerieren es die Anhänger des Präsidenten, ist zu weich gegenüber der Führung in Peking.

Der Hashtag #BejingBiden hat auf rechten Twitter-Seiten Konjunktur. Er hat #SleepyJoe abgelöst.

Biden schlägt zurück

Biden und seine Unterstützer reagierten rasch mit eigenem Video. Es zeigt den Präsidenten bei mehreren Gelegenheiten, bei denen er das Verhalten der chinesischen Politik in der Krise positiv kommentiert. "Trump lobte China 15 Mal im Januar und Februar", sagte eine Stimme mit drohendem Unterton. "Er hat China nachgegeben."

Bidens Video ist genauso platt wie das seines Gegners. Der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat lässt sich auf eine Auseinandersetzung ein, die unter dem Motto geführt wird: "Wer ist härter gegenüber Peking." Die Frage ist, ob er sich damit einen Gefallen tut.

Für Trump bietet eine Kampagne gegen China und den vermeintlich zu weichen Biden mehrere Vorteile. Sie lenkt von seinen Versäumnissen bei der Bekämpfung des Virus ab. Sie bringt seinen Herausforderer in die Defensive. Und sie mobilisiert die eigenen Leute.

Seit Wochen versuchen Trump und seine Anhänger, eigene Fehler durch antichinesische Rhetorik zu übertünchen. So sprach Trump auf seinen Corona-Briefings mehrfach vom "chinesischen Virus" oder "Wuhan Virus". Chinesischstämmige Amerikaner klagten daraufhin über verstärkte rassistische Attacken.

Der republikanische Kongressabgeordnete Jim Banks verlangte Reparationen von China. Der republikanische Senator Tom Cotton aus Arkansas erklärte, China habe die Seuche auf die Welt losgelassen. Wenn die Sache vorüber sei, werde es eine Abrechnung geben.

Auch Trumps Schritt, die amerikanischen Zahlungen für die Weltgesundheitsorganisation WHO einzustellen, hat mit China zu tun. Die Organisation sei zu sehr auf die Volksrepublik fokussiert und habe schlechte Ratschläge erteilt, sagte er.

Damals war es Mexiko, heute ist es China

Trump hat seine Anhänger schon 2016 mit der Warnung vor ausländischen Übeltätern mobilisiert. Damals waren es die mexikanischen Einwanderer, von denen er sagte, sie brächten Drogen, Vergewaltigungen und andere Verbrechen ins Land. Es war eine rassistische Strategie, die funktionierte.

Anders als seine Behauptung über Mexikaner hat die Kritik Trumps an China einen wahren Kern. Die chinesische Führung hat zunächst versucht, den Ausbruch des Virus zu vertuschen und damit dazu beigetragen, seine Ausbreitung zu beschleunigen. Ärzte, die vor dem neuartigen Virus warnten, wurden mundtot gemacht.

Schon vor Wochen ventilierte die Regierung in Peking die abstruse Theorie, amerikanische Soldaten hätten Covid-19 ins Land gebracht. Laut "New York Times" verbreiteten chinesische Agenten Mitte März Corona-Falschmeldungen über SMS und soziale Medien in den USA, die Panik schüren sollten.

Auch Trumps Kritik an der WHO ist nicht unberechtigt. Kritik am chinesischen Vorgehen übte die Organisation nicht, stattdessen wurde Pekings Politik als vorbildlich gelobt. Zu lange wurde den chinesischen Zusicherungen geglaubt, es sei unklar, ob das Virus auf den Menschen übertragbar sei. Bis heute ist offen, wie sich erstmals ein Mensch infiziert hat.

US-Wähler sehen China kritisch

Die amerikanische Bevölkerung sieht China kritisch. 66 Prozent der Befragten gaben in der jüngsten Umfrage des Pew-Instituts an, eine negative Meinung über Peking zu haben. Nicht nur unter Republikanern, sondern auch unter demokratischen Wählern ist die Zahl derer gestiegen, die Peking kritisch sehen.

Trumps Haltung gegenüber China ist allerdings keineswegs so klar, wie er das darstellt. In den vergangenen Monaten hat er mehrfach Chinas Umgang mit dem Virus gelobt. "Sie unternehmen alles, und ich glaube, die Zahlen werden nach und nach besser werden", sagte er noch Mitte Februar

Biden hat also gute Gründe, auf die Widersprüche in Trumps Haltung hinzuweisen. Es ist trotzdem nicht sinnvoll für ihn, sich auf eine Auseinandersetzung über die Frage einzulassen, wer härter gegenüber China auftritt. Diesen Kampf gewinnt im Zweifel Trump.

"Ich habe Vizepräsident Joe Biden als einen Mann kennengelernt, der versucht hat, internationale Lösungen für Probleme zu finden, die Landesgrenzen überschreiten", sagt Ryan Hass, der unter Barack Obama vier Jahre lang im National Security Council für China zuständig war, in einem Telefongespräch. "Das Coronavirus ist ein solches Problem."

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