Corona in den USA: Donald Trump und seine Opfer
Vor fast 100 Tagen wurde in Seattle die erste Infektion in den Vereinigten Staaten bekannt. Unser Reporter-Team zeichnet an Einzelschicksalen nach, wie sich daraus eine nationale Katastrophe entwickelte.
Von Anne Backhaus, Britta Kollenbroich, Katrin Kuntz, Guido Mingels, Ralf Neukirch, Dietmar Pieper, Yannick Ramsel, Christoph Scheuermann und Daniel C. Schmidt
Das Beben beginnt mit einem Husten tief im Westen der Vereinigten Staaten, im Bundesstaat Washington. Am 19. Januar betritt ein 35 Jahre alter Mann eine Notfallklinik nördlich von Seattle, es ist ein Sonntag. Kurz zuvor war er von einem Familienbesuch aus dem chinesischen Wuhan zurückgekehrt, dem Zentrum des Ausbruchs. Bislang gilt der Patient als der erste bekannte Corona-Fall in den USA.
So beginnt das amerikanische Desaster.
Fast 100 Tage sind seit jenem 19. Januar vergangen. Mindestens 840.000 Menschen haben sich mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 47.000 Tote sind zu beklagen, offiziell. Die echte Zahl ist wohl deutlich höher. Fabriken stehen still, Flugzeuge bleiben am Boden, auf einer Insel vor New York heben Arbeiter Hunderte Gräber aus.
Was für ein Bild. Eine Weltmacht im freien Fall. Über 300 Millionen Bürger sind mit Ausgangssperren belegt, und auch wenn schon wieder über Lockerungen diskutiert wird, haben 39 Bundesstaaten angekündigt, die Schulen bis zum Sommer geschlossen zu halten. Mehr als 26 Millionen Menschen haben ihren Job verloren, die USA steuern auf eine Arbeitslosenquote von über 20 Prozent zu.