Chef des AKW Saporischschja ist wieder frei
Russland sprach von einer Festnahme, die Ukraine von einer Entführung: Mehrere Tage war unklar, wie es Ihor Muraschow geht. Offenbar ist er wieder bei seiner Familie.
Der ukrainische Leiter des russisch besetzten Atomkraftwerks Saporischschja ist nach seiner Festnahme wieder in Freiheit. Das berichtete der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am Montag in Wien. »Ich habe die Bestätigung erhalten, dass Herr Muraschow wieder sicher zu seiner Familie zurückgekehrt ist«, schrieb Grossi auf Twitter.
Nach ukrainischen Angaben wurde Ihor Muraschow am Freitag von Moskauer Truppen entführt. Russische Behörden sprachen der IAEA gegenüber hingegen von einer vorübergehenden Festnahme.
Grossi hatte am Wochenende gewarnt, dass die Festnahme des AKW-Chefs schwerwiegende Auswirkungen auf das Sicherheitsmanagement des größten Atomkraftwerks in Europa habe. Außerdem werde dadurch der psychologische Druck auf die übrigen ukrainischen AKW-Mitarbeiter in Saporischschja weiter erhöht.
Die IAEA hat wiederholt den Stress hervorgehoben, dem die Mitarbeiter ausgesetzt sind, während sie den Betrieb des Kraftwerks trotz des Kriegsgeschehens in unmittelbarer Nachbarschaft aufrechterhalten. Die Agentur hat darauf hingewiesen, dass Dauerstress zu Bedienungsfehlern im Kraftwerk führen kann.
Das AKW ist seit März von russischen Truppen besetzt und kam seitdem immer wieder unter Beschuss. Kiew und Moskau gaben sich dafür gegenseitig die Schuld.
Kraftwerk auf annektiertem Gebiet
Saporischschja gehört zu den ukrainischen Gebieten, die Kremlchef Wladimir Putin rund sieben Monate nach Kriegsbeginn annektiert hatte. Die anderen Gebiete sind Donezk, Luhansk und Cherson. Die völkerrechtswidrige Einverleibung der Regionen, die Russland in Teilen nicht einmal erobert hat, wird international nicht anerkannt.
Am Sonntagabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Annexionen durch Russland als bedeutungslos bezeichnet. »Sobald die ukrainische Flagge zurückgekehrt ist, erinnert sich niemand mehr an die russische Farce mit irgendwelchen Papieren und irgendwelchen Annexionen«, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.