Brennende Wohntürme: Was wir über den Hochhausbrand in Hongkong wissen
Panorama
Brennende WohntürmeWas wir über den Hochhausbrand in Hongkong wissen
27.11.2025, 09:47 Uhr
Lauren Ramoser

Ein verheerendes Feuer wütet in Hongkongs nördlichem Stadtteil Tai Po. Dutzende Menschen verlieren ihr Leben, Tausende ihr Zuhause. Die genaue Ursache des Brandes ist noch unklar. Was bisher bekannt ist.
Wie viele Opfer gibt es aktuell?
Laut Berichten der Feuerwehr vom Morgen stieg die Zahl der bestätigten Todesopfer in der Nacht auf 55, darunter ist auch ein Feuerwehrmann. 51 Menschen seien am Brandort ums Leben gekommen, während 4 weitere im Krankenhaus gestorben seien. Weitere 72 Menschen müssen mit Brandverletzungen und Rauchvergiftungen in Krankenhäusern behandelt werden, mehr als 250 Menschen werden noch vermisst. Über den Tag konnten die Rettungskräfte laut offiziellen Angaben weitere 55 Menschen lebend aus den Türmen retten. 900 Menschen befinden sich in Notunterkünften.
Neben Suchtrupps, die eingeschlossene Menschen aus den teilweise noch immer brennenden Wohntürmen retten sollen, suchen Freiwillige auch nach eingeschlossenen Haustieren. Die Feuerwehr vermutet, dass viele der noch Vermissten in den oberen Etagen der Türme festsitzen. Bislang konnten die Rettungskräfte wegen der extremen Hitze und dem dichten Rauch nicht in diese Stockwerke vordringen.
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Ist das Feuer unter Kontrolle?
Am Morgen ist das Feuer in vier der sieben brennenden Hochhäuser laut Meldungen der Feuerwehr gelöscht. In drei weiteren Türmen sei der Brand unter Kontrolle. Dennoch dauern die Löscharbeiten an. Rauch quillt aus den weitestgehend ausgebrannten Gebäuden. In einigen Räumen lodern weiterhin kleinere Flammen. Voraussichtlich noch bis zum Abend soll die Brandbekämpfung andauern. Es sind mehr als 1200 Feuerwehrleute mit 128 Feuerwehrfahrzeugen und 57 Krankenwagen im Einsatz.
Wie könnte sich der Brand entzündet haben?
Eine genaue Brandursache konnte bislang nicht ermittelt werden. Die Polizei Hongkong hat bereits eine Ermittlungseinheit gegründet, um den Brandherd und damit die Ursache des verheerenden Feuers zu untersuchen. Die Polizei teilte mit, dass die Gebäude mit Netzen umspannt waren, die Passanten von herabfallenden Bauteilen schützen sollten. Diese Netze und andere Kunststoffteile sollen möglicherweise nicht den Brandschutzstandards entsprochen haben. Einige Fenster seien mit Styroporplatten abgedichtet gewesen. Laut Berichten der "China South Morning Post" hatten Anwohner immer wieder Sorgen geäußert, weil Bauarbeiter auf den Gerüsten Zigaretten geraucht und weggeworfen hätten. Zudem wurden Baugerüste aus brennbarem Bambus verwendet.
Warum wurden Bambusgerüste genutzt?
Baugerüste aus Bambus sind in Hongkong als traditionelle Bauweise auf Baustellen sehr verbreitet. Aufgrund der Flexibilität und Stärke bei gleichzeitiger Leichtigkeit wird Bambus trotz anderer Baumaterialien noch immer häufig auf Baustellen in der Metropole verwendet. Gegen die verwendeten Bambusgerüste gab es immer wieder Bedenken hinsichtlich der Brandschutzsicherheit.
Auf einer offiziellen Pressekonferenz der Stadt erklärt Chefsekretär Eric Chan, dass die Stadt nach dieser Tragödie von Bambus- auf Stahlgerüste umsteigen werde. Die Aufsichtsbehörden werden außerdem alle Baustellen in der kommenden Woche auffordern, einen Bericht über ihre Gerüstnetze einzureichen. Chan schätzte, dass mehr als 100 Baustellen betroffen sein werden.
Wer sind die Personen, die festgenommen wurden?
Die Polizei Hongkong nahm drei Verantwortliche einer Baufirma wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung fest, darunter zwei Direktoren und einen Berater. Eileen Chung von der Hongkonger Polizei, erklärte dazu: "Wir haben Grund zu der Annahme, dass die verantwortlichen Personen des Unternehmens grob fahrlässig gehandelt haben, was zu diesem Vorfall führte und dazu führte, dass sich das Feuer unkontrollierbar ausbreitete, was zu hohen Opferzahlen führte."
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Warum breitete sich das Feuer so stark aus?
Als mögliche Ursache für den Brand nannte die Polizei "grobe Fahrlässigkeit" bei der Nutzung von unsicheren Materialien durch eine Baufirma. Vor allem die Gerüste und die bei Wartungsarbeiten benutzten, leicht entzündlichen Schaumstoffe und Netzmaterialien, sollen die schnelle Ausbreitung des Feuers ermöglicht haben. Die Flammen griffen durch ungünstige Windbedingungen binnen weniger Stunden auf sieben der acht Wohntürme über.
Welche Bauarbeiten wurden durchgeführt?
Der Wohnkomplex, bestehend aus acht 31-stöckigen Türmen mit etwa 2000 Wohnungen, befand sich zum Zeitpunkt des Brandes in Renovierungsarbeiten. Dafür waren die Wohntürme des Wang Fuk Court teilweise eingerüstet.
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Wie geht es jetzt weiter?
Noch während die Löscharbeiten andauern, prüfen die lokalen Behörden alle größeren Baustellen der Metropole. "Die Regierung hat unverzüglich Inspektionen aller Wohnsiedlungen in der Stadt angeordnet, in denen größere Reparaturarbeiten durchgeführt werden, um die Sicherheit von Gerüsten und Baumaterialien zu überprüfen", erklärte der Regierungschef der chinesischen Sonderverwaltungszone, John Lee, bei Facebook.
Für die geretteten Bewohner des Wang Fuk Court wurden acht vorübergehende Notunterkünfte in Tai Po eingerichtet. Rund 200 Helfer sollen alles Notwendige für die Erstversorgung der Betroffenen bereitstellen. "Wir sind hier, um Wasser, Kleidung und Decken zu verteilen", sagt eine ehrenamtliche Helferin laut Reuters. Dort soll es auch psychologische Betreuung für die Menschen geben, die Familienmitglieder und Freunde in den Flammen verloren haben.
Die Regierung hat mehr als tausend Hotel- und Hostelzimmer für betroffene Bewohner reserviert, in die sie vorübergehend umziehen können. Nach dieser ersten Woche stehen weitere tausend Wohnungen als vorübergehende Notunterkünfte zur Verfügung. Außerdem wurde jedem Haushalt ein Sozialarbeiter zugewiesen.
Zudem hat die Regierung einen Not-Fond mit 300 Millionen Hongkong-Dollar (umgerechnet 36 Millionen Euro) bereitgestellt. Jeder betroffenen Familie sollen noch heute umgerechnet 1200 Euro ausgezahlt werden.

