Benedikt XVI.: Die Welt nimmt Abschied von Benedikt XVI. – nicht nur im Guten
Ob Benedikts Nachfolger Franziskus, Angela Merkel oder US-Präsident Joe Biden, mächtigster Katholik der Welt: Sie alle würdigen den verstorbenen emeritierten Papst. Doch auch Benedikts Kritiker melden sich wieder vehement zu Wort.
Er sei ein Geschenk für die Welt und die Kirche gewesen, sagte Papst Franziskus über den früheren Papst Benedikt XVI., edel und gütig. »Wir fühlen in unserem Herzen eine große Dankbarkeit, Dankbarkeit gegenüber Gott, der ihn der Kirche und der Welt geschenkt hat«, sagte Franziskus bei einem Dankesgottesdienst zu Silvester in Rom.
Nun liegt Benedikt aufgebahrt in seinem Schlafzimmer im Kloster in den Vatikanischen Gärten. »Er ist, wie man so sagt, entschlafen«, sagt einer der Anwesenden in dem Raum der Nachrichtenagentur dpa am Telefon. Auch Benedikt wirke jetzt sehr friedvoll. Draußen, außerhalb der Vatikanischen Mauern, herrscht in Rom und auch auf dem Petersplatz indes reges Silvester-Treiben.
Kirche und Welt nehmen Abschied von Benedikt XVI. Kardinal Reinhard Marx hat den ihn als »Identifikationsfigur« gewürdigt. »Wir sind traurig, aber auch dankbar für dieses große und lange Leben«, sagte der Kardinal weiter, »für dieses große Lebenszeugnis«. »Er hat sehr genau die Welt analysiert mit ihren Schwächen, hat auch die Kirche gesehen mit ihrem Versagen.«
Kritik von Missbrauchsopfern
Vertreterinnen und Vertreter weltlicher Sichtweisen dürften das wohl anders sehen. In den letzten Jahren stand die katholische Kirche immer wieder wegen Kindesmisshandlungen und ihrem Umgang mit ebendiesen Vorwürfen in der Kritik. Auch Benedikt selbst war damit konfrontiert, es ging etwa um Vorwürfe aus Bayern, die sich auf die Jahre seiner Amtszeit bezogen.
Das machte sich auch bei den Mitgliedern bemerkbar, 2022 traten offenbar so viele Menschen aus der Kirche aus wie nie zuvor. In der bayerischen Landeshauptstadt kehrten insbesondere zu Beginn des Jahres viele Menschen der katholischen Kirche den Rücken.
Die Missbrauchsopfer werden sich aus Sicht der Initiative »Eckiger Tisch« nicht gut an Papst Benedikt XVI. erinnern. »Den tausenden von Missbrauchsopfern seiner Kirche in aller Welt wird er in unguter Erinnerung bleiben als langjähriger Verantwortlicher jenes Systems, dem sie zum Opfer fielen«, sagte der Sprecher der Betroffenen-Initiative, Matthias Katsch – und übte deutliche Kritik am gestorbenen bayerischen Papst Emeritus.
Von einem schweren Erbe, das Benedikt der Kirche hinterlassen habe, sprach die Reform-Initiative »Wir sind Kirche« – und auch von einer persönlichen Schuld Ratzingers: »Zu einem persönlichen Schuldeingeständnis war er nicht bereit. Damit hat er dem Bischofs- und Papstamt großen Schaden zugefügt.«

