Bayer souverän, Bochum mit Pech: Borussia Mönchengladbach fliegt nach Rot-Drama auseinander
Fußball
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Jonas Omlin (l.) war untröstlich.
Bayer Leverkusen kann die Reise nach Kiel genießen. Gastgeber Kiel hat wenig zu melden. Es ist nur eine Pflichtaufgabe. Am Mittellandkanal sieht es lange Zeit nach einem Triumph von Rückkehrer Hecking aus. Es reicht nicht. In Gladbach aber spielt sich das ganz große Drama des Spieltags ab.
Holstein Kiel – Bayer Leverkusen 0:2 (0:2)
Bayer Leverkusen hat seine Pflichtaufgabe im hohen Norden souverän gelöst. Der deutsche Meister gewann beim Bundesliga-Schlusslicht Holstein Kiel völlig verdient mit 2:0 (2:0) und verkürzte den Rückstand auf den Tabellenführer Bayern München zumindest bis Sonntagabend auf fünf Punkte.
Patrik Schick (9.) und Amine Adli (45.) trafen für die hoch überlegenen Leverkusener. Anders als im Hinspiel, als Holstein nach 0:2-Rückstand noch ein spektakuläres Comeback gelang (2:2), beherrschte Bayer das Geschehen am Samstagnachmittag über weite Strecken nach Belieben.
Während die Mannschaft von Meistercoach Xabi Alonso seit inzwischen 21 Ligaspielen nicht mehr verloren hat und vor dem Champions-League-Kracher Anfang März gegen die Bayern weiter Fahrt aufnimmt, wartet Kiel nunmehr seit sechs Spielen auf einen Dreier. Nach der 16. Saisonniederlage spitzt sich die Lage im Abstiegskampf weiter zu.
"Wir haben nicht vergessen, was wir in der Hinrunde nicht gut gemacht haben", betonte Alonso vor der Partie – und ließ mit seinem Team Taten folgen. Leverkusen übernahm von Beginn an das Kommando, drückte die Kieler tief in deren eigene Hälfte und ließ ihnen kaum Ballbesitzphasen. Vor allem nach Standards wurde es immer wieder gefährlich.
Zwar baute Alonso sein Team gleich auf vier Positionen um im Vergleich zum Liga-Duell gegen die Bayern in der Vorwoche (0:0), einen Bruch bedeutete das aber keineswegs. Schon nach sechs Minuten und drei brandgefährlichen Eckstößen hätte Bayer eigentlich führen müssen – doch erst drosch Jonathan Tah das Leder aus zehn Metern volley drüber (4.), dann lenkte Kiels Schlussmann Timon Weiner Edmond Tapsobas abgefälschten Kopfball mit den Fingerspitzen über die Querlatte (5.), und schließlich wurde auch Schicks Versuch von Shuto Maschino gerade noch so von der Linie gekratzt (6.).
Kurze Zeit später rappelte es dann doch im Kieler Kasten. Eine punktgenaue Hereingabe von Adli, der sich über links gegen zwei Gegenspieler durchsetzte, drückte Schick ohne Mühe aus drei Metern über die Linie.
Und Holstein? War kaum zu sehen. Einzig als Magnus Knudsen Mitte der ersten Hälfte wie aus dem Nichts frei vor Matej Kovar auftauchte, blitzte so etwas wie Torgefahr auf. Leverkusens Keeper, der anstelle des Kapitäns Lukas Hradecky zwischen den Pfosten ran durfte, eilte jedoch schnell genug aus dem Strafraum und klärte. Und so war Adlis Treffer nach feiner Vorarbeit von Florian Wirtz, der per perfekt getimtem Steilpass servierte, kurz vor dem Pausenpfiff der passende Schlussakkord einer einseitigen ersten Halbzeit.
Wer dachte, Holstein würde in der zweiten Hälfte aufs Tempo drücken, sah sich erstmal getäuscht. Leverkusen bestimmte zunächst weiter das Tempo und den Rhythmus des Spiels. Zwar blieben die ganz großen Möglichkeiten nun aus, hinten ließ die Defensive um Abwehrchef Jonathan Tah aber weiterhin kaum etwas zu.
Borussia Mönchengladbach – FC Augsburg 0:3 (0:0)
Borussia Mönchengladbach hat in der Fußball-Bundesliga den Sprung auf einen Europacup-Platz verpasst. Die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane unterlag dem FC Augsburg in Unterzahl mit 0:3 (0:0), Matchwinner der Gäste war Alexis Claude-Maurice mit einem Hattrick. Für Gladbach war es die erste Pleite nach zuletzt vier Spielen ohne Niederlage.
Als Claude-Maurice (55., 61., 70.) für den ersten Bundesliga-Hattrick der Augsburger Vereinsgeschichte sorgte, waren die Gäste schon in Überzahl. Der Gladbacher Torhüter Jonas Omlin sah nach einer Notbremse die Rote Karte (29.). Omlin war erst durch die Verletzung von Moritz Nicolas ins Gladbacher Tor zurückgekehrt. Die Augsburger setzten ihre Erfolgsserie damit fort. Die Mannschaft von Trainer Jess Thorup ist seit sieben Liga-Spielen ungeschlagen und liegt nur noch drei Punkte hinter der Borussia.
Die Partie, die sieben Minuten später begann, da der Augsburger Mannschaftsbus im Stau steckte, blieb zu Beginn ohne Torchancen. Doch dann unterlief Omlin sein Missgeschick. Er wurde nach einer Notbremse an Fredrik Jensen mit Rot vom Platz geschickt. Seoane holte Kevin Stöger vom Feld und schickte Ersatztorwart Tobias Sippel zwischen die Pfosten. Dennoch kamen zehn Gladbacher zur gefährlichsten Chance der ersten Hälfte. Nacheinander scheiterten Kou Itakura, Joe Scally und Nico Elvedi an Torwart Finn Dahmen.
In der zweiten Hälfte wussten die Augsburger ihre Überzahl besser zu nutzen. Claude-Maurice bekam den Ball im Strafraum, reagierte schnell und spitzelte ihn ohne Probleme flach ins linke Eck. Nur sechs Minuten später erhöhte Claude-Maurice. Er zog von der Strafraumkante ab, Sippel sah nicht gut aus. Claude-Maurice avancierte mit seinem dritten Treffer dann endgültig zum Matchwinner.
VfL Wolfsburg – VfL Bochum 1:1 (0:0)
Der VfL Bochum hat im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga das Momentum genutzt und erneut gepunktet. Eine Woche nach dem Sieg gegen Borussia Dortmund erkämpfte sich das Team von Trainer Dieter Hecking beim VfL Wolfsburg ein 1:1 (0:0) und verbesserte sich vorerst auf den Relegationsplatz. Ein Eigentor von Ivan Ordets (82.) rettete Wolfsburg einen Punkt. Erhan Masovic (50.) hatte die Gäste in Führung gebracht. Bochum, das in der laufenden Saison auswärts noch nicht gewonnen hat, ist nun seit drei Spielen ungeschlagen. Der Rückstand auf den rettenden Rang 15 ist aber weiter sehr groß.
Die Wolfsburger um Coach Ralph Hasenhüttl, der vergeblich vor den Bochumer Standards gewarnt hatte, suchen im Rennen um das internationale Geschäft derweil die nötige Konstanz. Bereits Ende Januar hatten die Niedersachsen im Heimspiel gegen Holstein Kiel Punkte gegen einen Abstiegskandidaten liegen lassen und einen vermeintlichen Pflichtsieg verpasst. Auch mit Blick auf das DFB-Pokal-Viertelfinale bei RB Leipzig am kommenden Mittwoch war das Remis ein Dämpfer.

Drin der Fisch am Mittellandkanal.
(Foto: IMAGO/regios24)
Die Wolfsburger, die weiter ohne ihren verletzten Kapitän Maximilian Arnold auskommen mussten, übernahmen früh die Kontrolle und ließen Ball und Gegner laufen. Bochum störte das ruhige Aufbauspieler der Wölfe mit diversen kleinen Fouls, dennoch kamen die Gastgeber zu ersten Chancen. Insgesamt machte Wolfsburg aus der spielerischen Überlegenheit aber zu wenig, den Aktionen fehlten Tempo und Genauigkeit. Der anfängliche Schwung ging im Verlauf der zunehmend ausgeglichenen ersten Halbzeit verloren.
Einen Anteil an den mangelnden Chancen des Europapokal-Aspiranten hatte aber auch Bochum, das defensiv stabil stand, auf Konter lauerte und dabei fast erfolgreich gewesen wäre: Masouras (27.) zwang Wolfsburgs Torhüter Marius Müller aus kurzer Distanz per Kopf zu einer Großtat. Wenig später scheiterte Kapitän Philipp Hofmann (36.) nach einer Ecke.
Bochum witterte auch nach dem Seitenwechsel seine Chance, spielte mutig nach vorn – und wurde belohnt. Masovic hatte bei einer Ecke viel Platz und köpfte ungestört zur Führung, die Hofmann (53.) kurz darauf hätte erhöhen können. Wolfsburg wirkte geschockt, das Spiel der Gastgeber blieb fehlerbehaftet. Mohamed Amoura (64.) traf schließlich aus dem Nichts zum vermeintlichen Ausgleich. Der Treffer wurde nach Eingriff des VAR wegen eines Foulspiels aberkannt. Im Gegensatz zum für Bochum unglücklich Eigentor.
1. FSV Mainz – FC St. Pauli 2:0 (0:0)
Dank "Joker" Jae-sung Lee darf die Überraschungsmannschaft des FSV Mainz 05 mehr denn je vom Europacup träumen. Trotz ganz schwachen 60 Minuten gewannen die Rheinhessen am 23. Spieltag der Fußball-Bundesliga 2:0 (0:0) gegen Aufsteiger FC. St. Pauli. Der eingewechselte Südkoreaner Lee traf für den "Karnevalsverein" (67.). Paul Nebel sorgte in der Nachspielzeit nach Vorarbeit von Lee für den Endstand (90.+5). St Pauli verpasste einen wichtigen Punktgewinn im Kampf gegen den Abstieg.
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Vorhang auf für Lee.
(Foto: IMAGO/Revierfoto)
"Das ist Neuland für mich", sagte der gesperrte Pauli-Trainer Alexander Blessin kurz vor dem Anpfiff bei Sky: "Ich bin gespannt, wie ich es auf der Tribüne erleben werde." Blessin wurde von seinem Assistenten Peter Nemeth an der Seitenlinie vertreten.
Die Mainzer hatten großes Glück, dass ihnen in ihren bunten Fastnachtstrikots nicht früh der Spaß verging. Die Hamburger erwischten den deutlich besseren Start in die Partie. Noah Weißhaupt traf in der 6. Minute den Pfosten, Johannes Eggestein vergab kurz darauf eine weitere Großchance (15.). Die Gastgeber um Nationalstürmer Jonathan Burkardt und Defensiv-Vorkämpfer Dominik Kohr in seinem 300. Bundesligaspiel hatten große Mühe mit den Kiezkickern. In der 21. Minute entschied Schiedsrichter Felix Zwayer zunächst auf Strafstoß für St. Pauli – der Unparteiische kassierte die Entscheidung aber zu Recht nach Videostudium wieder ein. Moritz Jenz hatte Elias Saad nicht gefoult.
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Eine Führung der Hamburger, bei denen unter anderem Morgan Guilavogui, Connor Metcalfe und Simon Zoller fehlten, wäre nach einer halben Stunde verdient gewesen. Die Mainzer, die auf Abwehrchef Stefan Bell verzichten mussten, brachten kaum etwas zu Stande. Zu Beginn des zweiten Durchgangs holte sich Kohr seine zehnte Gelbe Karte der Saison ab. Er fehlt damit im kommenden Spiel bei RB Leipzig. Sportlich auffälliger blieb weiter St. Pauli. Die Vorstellung der harmlosen Mainzer war auch nach einer Stunde enttäuschend.
Insgesamt erreichte die Partie in dieser Phase kein Bundesliga-Niveau. Spielerisch ging bei beiden Teams so gut wie nichts, Kampf war Trumpf, von Burkardt kam kaum etwas. Das Tor von Lee fiel aus dem Nichts – unter gütiger Mithilfe von Pauli-Torwart Nikoloa Vasilj. Der Bosnier hielt einen harmlosen Distanzschuss von Nadiem Amiri nicht fest, Lee staubte ab.
Quelle: ntv.de, sue/sid