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Armin Laschet vs. Markus Söder: Wie will die Union da wieder raus?

April 14
20:46 2021
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Kanzlerkandidaten-Bewerber Laschet, Söder

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Tobias Schwarz / AFP

Am Tag danach sind viele Unionsabgeordnete noch immer fassungslos über das, was sie am Dienstagnachmittag in ihrer Fraktion erlebt haben: Vor aller Augen lieferten sich die beiden Kanzlerkandidatenbewerber Armin Laschet und Markus Söder einen offenen Schlagabtausch, mit Spitzen, Sticheleien, Gemeinheiten – gefolgt von einer Debatte, in der sich am Ende um die 70 Parlamentarier zu Wort meldeten, die meisten von ihnen mit klaren Bekenntnissen für einen der beiden. Dass etwa zwei Drittel davon sich für CSU-Chef Söder aussprachen und nur etwa ein Drittel für den CDU-Vorsitzenden Laschet, machte die Sache noch bemerkenswerter.

Zur Erinnerung: Laschet führt die große Schwesterpartei an, Söder die kleine. Auch deshalb durfte erst zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik ein CSU-Politiker als Kanzlerkandidat für die Union ran.

Aber Bayerns Ministerpräsident ist der Mann der Umfragen, da liegt er weit vor seinem Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen. Und dieses Argument, mit dem Söder am Dienstag in immer neuen Varianten für sich warb, scheint auch in der CDU immer mehr Wirkungskraft zu entfalten.

Nach dem denkwürdigen Abgeordnetentreffen ist die Lage im Machtkampf verfahrener denn je. In beiden Parteien herrscht Ratlosigkeit: Wie kommen Laschet und Söder da nur einigermaßen gesichtswahrend raus? Und wie will sich die Union nach den Eruptionen der vergangenen Tage im Bundestagswahlkampf gemeinsam hinter einem Kandidaten sammeln?

Wer hat jetzt die besseren Chancen?

Nach wie vor gilt: Markus Söder hat die Sache nicht selbst in der Hand – auch wenn sich seine Chancen durch die Ereignisse der vergangenen Tage deutlich verbessert haben. Söder ist der König der Umfragen und wirkt im Moment schon wie die Nummer eins der Union – aber fürs Erste ist und bleibt er Vorsitzender der kleinen CSU.

Wenn CDU-Chef Laschet nicht nachgibt und führende Christdemokraten weiter an seiner Seite stehen, hat er die Sache weiter in der Hand. Söder muss deshalb darauf hoffen – er selbst wirkt seit einiger Zeit aktiv darauf hin –, dass der Druck auf Laschet aus den eigenen Reihen weiter zunimmt.

Dieser Druck ist gewiss schon jetzt gewaltig, nicht nur wegen der dramatischen Szenen in der Bundestagsfraktion. Erste Landesverbände sind bereits öffentlich auf Distanz zu Laschet gegangen. Das reicht aber wohl nicht – zumindest noch nicht. Laschet scheint weiter von seiner Kanzlerkandidatur überzeugt zu sein, zumal er formal die klare Unterstützung der CDU-Führungsgremien hat.

Delegation, Fraktion, Zwiegespräch – wie geht es weiter?

Harmonisch und im Einvernehmen ist die Sache längst nicht mehr aufzulösen, so wie es Laschet und Söder wochenlang versprochen hatten. Stattdessen wird das Duell um die Kanzlerkandidatur immer schmutziger. Vor allem scheint es aber an Kommunikation zwischen den beiden Bewerbern zu mangeln – anders ist nicht zu erklären, wieso Laschets Lager zuletzt mehrfach vom Agieren Söders, vor und hinter den Kulissen, überrascht wurde.

Einigkeit zwischen beiden herrscht zumindest darüber, dass die Sache in den kommenden Tagen entschieden werden soll. Aber wie?

Nun rächt sich auch, dass man in den Merkel-Jahren die Kanzlerin alle vier Jahre mehr oder weniger automatisch erneut nominierte: Ein eingeübtes Prozedere zwischen den Unionsparteien in Sachen Kanzlerkandidatur gibt es nicht.

Am Ende müssen es Laschet und Söder miteinander klären, also unter vier Augen. Aber immer wieder ist zuletzt auch von einer Delegationslösung die Rede gewesen: Demnach könnten beide Parteien Miniteams mit den Vorsitzenden an der Spitze benennen, die dann über die Kanzlerkandidatur entscheiden. Welchen Vorteil das haben soll, konnte bislang allerdings noch niemand schlüssig erklären.

Und dann ist da natürlich noch die Möglichkeit, am Ende doch die Bundestagsfraktion entscheiden zu lassen. Und zwar nicht durch das Zählen von Wortmeldungen für Laschet und Söder, sondern durch eine echte Abstimmung. Ein solches Votum – 1979 entschieden die Unionsabgeordneten so die Kanzlerkandidatur für den damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß und gegen den niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht – wurde bislang allerdings von allen Seiten abgelehnt.

Wie soll sich die Union am Ende hinter einem Kandidaten sammeln?

Ex-CSU-Chef Horst Seehofer hat es gerade so ausgedrückt: »Ich leide unter dieser sehr schwierigen Situation für CDU und CSU«, sagte Söders Amtsvorgänger als Parteivorsitzender und bayerischer Ministerpräsident der »Augsburger Allgemeinen«. Den Konsens halte er noch für möglich, meint Seehofer – er wisse aber nicht, »wie sie das bewerkstelligen könnten«.

Genau darin liegt das Problem: Das Duell um die Kanzlerkandidatur entzweit nicht nur die Parteivorsitzenden Laschet und Söder, sondern die gesamte Union. Zunächst natürlich entlang der Grenzen beider Parteien, in denen die jeweiligen Vorsitzenden ihre klarsten Unterstützer haben, aber längst auch mitten durch die CDU. Der erneute Spaltungsprozess erinnert viele an den Frühsommer 2018, als die Auseinandersetzung um die Flüchtlingspolitik beinahe zum Bruch der Schwesterparteien geführt hätte.

Diesmal allerdings steht man unmittelbar vor einer Bundestagswahl in einer politisch ohnehin schon volatilen Lage, in der zudem mit Angela Merkel die Unions-Amtsinhaberin nicht mehr antritt und CDU und CSU von mehreren Skandalen gebeutelt sind.

Kann sich die Union nach diesem Machtkampf hinter dem versammeln, der schließlich als Kanzlerkandidat antritt? Das erscheint im Moment schwer vorstellbar, wer auch immer von beiden es wird. Und darin könnte, egal ob mit Laschet oder Söder, das größte Problem im anstehenden Wahlkampf liegen.

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