“Aggressivster” Islamkritiker: Was über den Täter von Magdeburg bekannt ist
Politik
Wer war der Todesfahrer von Magdeburg? Wie schon kurz nach Tat herauskommt, handelt es sich bei ihm um einen Arzt aus Saudi-Arabien. Allerdings äußert er sich dezidiert antimuslimisch und migrationskritisch, auch zeigt er Sympathien für die AfD. Selbst ein Terror-Experte ist überrascht.
Bereits wenige Stunden nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit zwei Toten und Dutzenden Verletzten werden erste Details zum Täter bekannt. Demnach handelt es sich um einen 50-jährigen Mann aus Saudi-Arabien, wie Ministerpräsident Reiner Haseloff noch am Abend sichtlich mitgenommen am Anschlagsort sagte. Der Mann wurde festgenommen. Haseloff zufolge handelt es sich um einen Einzeltäter. Es bestehe deswegen keine weitere Gefahr.
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Der Mann kam laut dem Ministerpräsidenten 2006 nach Deutschland. Laut "Bild"-Zeitung arbeitete er im Klinikum in Bernburg als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Der Ort liegt knapp 50 Kilometer südlich der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt.
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen ist der Täter nicht als Islamist bekannt. Im Gegenteil. Nach Informationen von RTL/ntv positionierte er sich in sozialen Medien sogar ganz deutlich gegen den Islam. Auf seinem X-Profil macht er seinem Unmut über Golfstaaten Luft und postet dezidiert antimuslimische Äußerungen – oft viele Male am Tag.
"Es gibt keinen guten Islam"
Im Juni 2019 führte die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein langes Interview mit ihm, in dem es unter anderem um den Islam und die Lage der Frauen in Saudi-Arabien ging. Dabei erklärte er: "Ich bin der aggressivste Kritiker des Islams in der Geschichte. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie die Araber." Wie er damals sagte, habe er zwar einen islamischen Hintergrund, sich aber schon lange vom Glauben abgewandt. Im Interview mit der Zeitung sagte er weiter: "Es gibt keinen guten Islam." Laut dem WDR sagte er sich Ende der 90er Jahre vom Islam und war innerhalb der saudischen Exil-Community in Deutschland durchaus eine prominente Figur.

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Zudem teilte er Beiträge von rechtsideologischen Accounts, etwa auch von AfD-Chefin Alice Weidel und der neurechten Influencerin Naomi Seibt sowie von X-Besitzer Elon Musk. Der fällt seit längerer Zeit auch mit politisch weit rechts stehenden Aussagen auf und wettert gegen die US-Migrationspolitik. Laut dem "Spiegel" postete der Arzt unter anderem bei X, dass Deutschland seine Grenzen "gegen illegale Migration" schützen müsse. Es habe sich gezeigt, "dass die offene Grenzpolitik ein Plan von Merkel war, Europa zu islamisieren".
"Bittet nicht um Asyl in Deutschland"
In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. Nachdem er vor Jahren mit seiner Unterstützung für saudische Frauen, die aus ihrem Heimatland fliehen, an die Öffentlichkeit gegangen war, schrieb er später auf seiner Website in englischer und arabischer Sprache: "Mein Rat: Bittet nicht um Asyl in Deutschland."
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Jahrelang war er dabei selbst als Aktivist unterwegs. So beriet er vor allem Frauen aus Saudi-Arabien über Fluchtmöglichkeiten aus ihrem Land und betrieb laut dem "Spiegel" eine Internetseite mit Informationen zum deutschen Asylsystem. Nach Informationen des Magazins wurde er in der saudi-arabischen Stadt Hufuf geboren und kam im März 2006 zur Ausbildung nach Deutschland. Im Juli 2016 wurde er als Flüchtling anerkannt.
Der Terrorismusexperte Peter R. Neumann vom Londoner King's College schreibt zu dem Fall auf X: "Nach 25 Jahren in diesem 'Geschäft' denkst Du, nichts könnte Dich mehr überraschen. Aber ein 50jähriger, saudischer Ex-Muslim, der in Ostdeutschland lebt, die AfD liebt und Deutschland für seine Toleranz ggü Islamisten bestrafen will – das hatte ich wirklich nicht auf dem Zettel."
Quelle: ntv.de, jwu/ghö