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AfD: Verfassungsschutz stuft Junge Alternative als »gesichert rechtsextrem« ein

April 26
15:12 2023

Der Inlandsnachrichtendienst hat keine Zweifel mehr: Für ihn sind die AfD-Nachwuchsorganisation sowie zwei Gruppierungen aus dem Umfeld des neurechten Verlegers Götz Kubitschek verfassungsfeindlich.

Ende Januar sitzen fünf Männer auf einer Bühne. Der Fraktionsvorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt Oliver Kirchner und sein Vize Hans-Thomas Tillschneider sind dabei. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig ebenso.

Die Bühne, auf der sie sitzen, hat ihnen das »Institut für Staatspolitik« im sachsen-anhaltischen Schnellroda gebaut. Die selbst ernannte Denkfabrik rund um Götz Kubitschek, Vertrauter des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, veranstaltet hier seine sogenannte Winterakademie, vorrangig für junge Leute.

Kirchner sagt, er lasse sich nicht »vorschreiben«, was er sagen könne, egal von wem, auch nicht vom Verfassungsschutz. Tillschneider beschwert sich darüber, dass sich die Delegierten eines Parteitags mal anders entschieden haben, als er das wollte. Daran müsse er sich nun leider halten, denn: »Wir müssen ja demokratisch sein«. Sonst gebe es »Ärger mit dem Verfassungsschutz«. Hartwig, der für die Bundespartei arbeitet, spricht vom »politisch instrumentalisierten und missbrauchten Verfassungsschutz«.

Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar

Künftig dürften die drei noch schlechter auf den Inlandsgeheimdienst zu sprechen sein. Denn das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat entschieden, das »Institut für Staatspolitik« (IfS) als »gesichert rechtsextremistisch« einzustufen. Seit Juni 2020 war das Institut Verdachtsfall, genau wie der Verein »Ein Prozent«, der aus dem Umfeld des IfS stammt. Auch er wurde nun hochgestuft, ebenso wie die »Junge Alternative«, der AfD-Nachwuchs. Sie war bereits seit Januar 2019 Verdachtsfall.

Die Positionen der drei Gruppierungen »sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar«, sagt BfV-Präsident Thomas Haldenwang. Es bestünden keine Zweifel mehr, dass die drei Gruppierungen verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Alle drei würden »auf die Ausgrenzung vermeintlich Fremderzielen und versuchen, diese Positionen gesellschaftlich anschlussfähig zu machen«. Ihr Schüren von Ressentiments sei zudem geeignet, dass es mehr Gewalt gegen Menschen, bei denen Migrationshintergrund vermutet wird, geben könnte.

Die Höherstufung bedeutet nicht, dass andere oder mehr nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden können, allerdings sinken die Hürden, welches Mittel wann verhältnismäßig ist.

Laut Bundesamt verstößt das IfS gegen die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip. Die Führungspersonen strebten »ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk« an und würden propagieren, dass es Deutsche erster und zweiter Klasse gebe. Migrantinnen und Migranten sowie teilweise auch pauschal Menschen muslimischen Glaubens werde unterstellt, »die öffentliche Sicherheit und den >Erhalt< des ethnisch definierten Volkes zu gefährden«, so das BfV.

Tatsächlich wirkt das Institut nicht nur über Seminare, sondern vor allem über die Zeitschrift und den Blog »Sezession«. Er funktioniert als Stichtwortgeber für die Neue Rechte und die AfD. Kubitschek und andere schreiben dort regelmäßig auf, wie sie auf die Partei und politische Ereignisse blicken, geben mehr oder weniger verschleierte Strategieempfehlungen.

Kubitschek selbst sagt, er habe mit Parteipolitik nichts zu tun, führt aber immer wieder Gespräche mit hochrangigen Funktionären, die sich auf seiner Seite über Interviews oder Gastbeiträgen auch präsentieren dürfen. Zudem war er maßgeblich daran beteiligt, einen Nichtangriffspakt zwischen Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel und Björn Höcke zu schmieden, man traf sich mehrfach zum Essen.

Inhaltliche Radikalisierung

Um die Botschaften dann weiterzuverbreiten und die Kulturrevolution von rechts zu schaffen, gibt es den Verein »Ein Prozent«. Der Vorsitzende Philip Stein ist ein Zögling Kubitscheks und will eine »Gegenkultur«, wie sie es nennen, aufbauen. Es gibt Comics, Videospiele, Podcasts, man fährt Kampagnen zu angeblichem Wahlbetrug.

Das Bundesamt hält fest, dass es bei dem Verein nicht nur eine »quantitative Zunahme der verfassungsfeindlichen Äußerungen« festgestellt habe, sondern auch eine inhaltliche Radikalisierung. Es gebe einen Volksbegriff ähnlich des IfS, sowie nachweislich völkisch-nationalistische Ideologie und Rassismus.

»Ein Prozent« ist zudem gut angedockt an den rechtsextremen Flügel der AfD. Und an die »Junge Alternative« (JA), den Nachwuchs der Partei. Immer wieder sind Funktionäre zu Gast in ihrem Podcast, der Verein wiederum durfte auf dem Bundeskongress der JA für sich werben.

Die Radikalsten setzten sich immer durch

Bei der Jugendorganisation der AfD haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder die Radikalsten durchgesetzt und die, die etwas weniger extrem auftreten wollten, verloren. Im Oktober wurde Hannes Gnauck zum alleinigen Vorsitzenden gewählt, ein Soldat, der vom Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr schon länger als Rechtsextremist eingestuft ist und keine Uniform mehr tragen darf.

Das Bundesamt attestiert der JA nun eine »inhaltliche Verfestigung und teils auch Verschärfung der extremistischen Positionen«. Sie propagiere ein völkisches Gesellschaftskonzept, »das auf biologistischen Grundannahmen beruht«, und agitiere gegen die Demokratie. Es gehe der JA nicht um eine Auseinandersetzung in der Sache, »sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland«.

Als die JA 2019 als Verdachtsfall eingestuft wurde, klagte sie noch dagegen. Auch jetzt ist dies vorstellbar, inhaltlich aber dürfte die Höherstufung für die JA fast egal sein. Schon 2020 sprachen sie dem Verfassungsschutz die Neutralität ab, schrieben, dieser sei »zu einem politischen Machtinstrument verkommen«. Man wolle sich von den Beobachtungen des Verfassungsschutzes nicht einschüchtern lassen.

Hannes Gnauck, heute Bundesvorsitzender, teilte das Statement in sozialen Netzwerken.

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