AfD gelingt kein Durchmarsch: Zehn Rechtsextreme gehen in Thüringen in Stichwahlen
Politik

Die absolute Mehrheit konnte die AfD nirgends erringen, vielerorts kommt es zu Stichwahlen gegen die CDU.
Die CDU spricht von einem "guten Tag", die Linke äußert sich zumindest vorsichtig erleichtert: Bei den Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen in Thüringen hat die AfD zumindest im ersten Anlauf kein Spitzenamt ergattert. Vielerorts wird es allerdings Stichwahlen geben.
Bei den Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen in Thüringen ist ein Durchmarsch der AfD ausgeblieben. Die Auszählung der Ergebnisse für die Wahl der Kommunalparlamente dauert in der Nacht noch an. Bei der Landratswahl im Landkreis Altenburger Land holte der AfD-Kandidat zwar die meisten Stimmen, er muss aber in die Stichwahl. In einigen weiteren Kreisen kommen AfD-Bewerber als Zweitplatzierte ebenfalls in die Stichwahl.

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Insgesamt waren rund 1,7 Millionen Menschen zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl aufgerufen. Knapp 7500 Sitze in den Thüringer Kommunalparlamenten waren zu vergeben. Gewählt wurden neben Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern auch Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte. Die Kommunalwahl gilt auch als Stimmungstest für die Landtagswahl in Thüringen am 1. September. Über die Landesgrenzen hinaus wird vor allem das Abschneiden der AfD beobachtet, die in den Kommunen zum Teil stark verankert ist und in Thüringen im vergangenen Jahr den bundesweit ersten und bisher einzigen Landratsposten gewann. Der Thüringer Landesverband wird vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft.
Am Sonntagabend schaffte es die AfD nur im Kreis Altenburger Land bei der Landratswahl auf Platz eins. Da ihr Kandidat Heiko Philipp mit 33,0 Prozent jedoch die nötige absolute Mehrheit verpasste, wird in zwei Wochen zeitgleich mit der Europawahl in einer Stichwahl mit dem zweitplatzierten CDU-Bewerber Uwe Melzer über den künftigen Landrat entschieden. Melzer kam auf 32,2 Prozent.
Neonazi in Hildburghausen auf Platz zwei
In acht weiteren Kreisen lagen die AfD-Bewerber am Abend laut vorläufigem End- beziehungsweise Zwischenergebnis an zweiter Stelle, weshalb es auch dort zu Stichwahlen kommt. Im Landkreis Hildburghausen schaffte es der bundesweit bekannte Rechtsextremist und frühere NPD-Funktionär Tommy Frenck in die Stichwahl mit dem Kandidaten der Freien Wähler, Sven Gregor. Frenck, der in Kloster Veßra eine Szeneimmobilie betreibt, wurde wiederholt im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Frencks Kandidatur hatte bereits vor der Wahl für Irritationen gesorgt. Nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz kann zum Landrat oder Bürgermeister nicht gewählt werden, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt". CDU-Vertreter im Wahlausschuss hatten Frencks Kandidatur dennoch ermöglicht.

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Einzig im Landkreis Schmalkalden-Meiningen entschied die amtierende Landrätin Peggy Greiser von der SPD die Wahl bereits im ersten Anlauf für sich. Bei den Oberbürgermeisterwahlen in Weimar und Suhl setzten sich laut vorläufigem Ergebnis die Amtsinhaber Peter Kleine (parteilos) und André Knapp (CDU) durch. In beiden Städten gab es keine AfD-Bewerber. In den drei weiteren kreisfreien Städten Erfurt, Gera und Jena läuft es auf Stichwahlen hinaus. In der Landeshauptstadt Erfurt, die lange als SPD-Hochburg galt, lag der CDU-Mann Andreas Horn vor Andreas Bausewein, der seit 2006 Oberbürgermeister ist.
Insgesamt sind in 13 der 17 Thüringer Landkreise die Landratsposten neu zu besetzen. Im Juni vergangenen Jahres gewann die AfD im Thüringer Landkreis Sonneberg bundesweit den ersten Landratsposten für die Partei. Bei den Kreistagswahlen lagen die Rechtsextremisten nun mit 35,5 Prozent nun ebenfalls weit vorn.
Wahlberechtigt waren alle Thüringer ab 16 Jahren. Ein endgültiges Ergebnis sollte es frühestens am Montag geben. Bei fehlender Mehrheit finden die nötigen Stichwahlen zeitgleich mit der Europawahl am 9. Juni statt.
"Brauner Griff nach der Macht" verhindert
Die CDU in Thüringen begrüßte die Zwischenergebnisse der Kommunalwahl. Der CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 1. September, Mario Voigt, sprach von einem "guten Tag mit vernünftigen Entscheidungen für Thüringen". Die CDU werde "stärkste Kraft im Land" werden, zeigte er sich überzeugt.

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F ür die Linke, die erneut mit Ministerpräsident Bodo Ramelow in die Landtagswahl zieht, erklärte Parteichefin Ulrike Grosse-Röthig mit Blick auf ausgebliebene AfD-Erfolge, Thüringen sei "nicht mit einem Schlag blau geworden". Die Wählerinnen und Wähler hätten "den braunen Griff nach der Macht im ersten Wahlgang bei Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen verhindert".
SPD-Landeschef Georg Maier sieht seine Partei durch das Ergebnis der Kommunalwahl gestärkt. "Sozialdemokratische Kommunalpolitik hat heute Rückenwind erfahren", erklärte Maier, der Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl ist. Im Gesamtergebnis sei die SPD "mit über 16 Prozent drittstärkste Kraft in Thüringen geworden".
In Umfragen zur Landtagswahl hatte die CDU zuletzt mit 20 Prozent auf Platz zwei hinter der AfD mit etwa 30 Prozent gelegen. Die Linke und das BSW folgten mit je etwa 16 Prozent vor der SPD mit rund acht Prozent und den Grünen mit fünf Prozent. Die FDP wurde nicht mehr im Landtag gesehen. Linke, SPD und Grüne bilden in Erfurt derzeit eine Minderheitsregierung.
Quelle: ntv.de, ino/AFP