Frankreich: Emmanuel Macron sieht nach Kommunalwahldebakel grün

Setzt auf grüne Themen: Emmanuel Macron
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Im Garten des Élysée-Palastes warteten die 150 Mitglieder des Bürgerkonvents für das Klima (Convention citoyenne pour le climat) im montäglichen Sonnenschein. Emmanuel Macron hatte sie eingeladen, um ihre 149 Vorschläge zu dem Thema vorzustellen. Der Präsident ging in die Offensive. Er machte klar, dass der Rest seiner Amtszeit von einer grünen Welle geprägt sein soll: "Die Vorschläge sollen so schnell wie möglich umgesetzt werden", sagte er.
Die Qualität des Lebens müsse verbessert werden. Ein spezielles Gesetzesprojekt, das die Vorschläge aufnimmt, soll Ende des Sommers vorgestellt werden. "Ökologie muss das Herzstück der Wirtschaft werden", sagte Macron. 15 Milliarden Euro sollen in den kommenden zwei Jahren zusätzlich für den ökologischen Wandel ausgegeben werden.
Der Präsident betonte, wie wichtig er die Bürgerdemokratie findet: "Unsere Demokratie ist es auch, Debatten zu führen." Er sprach von einem "demokratischen Abenteuer", man habe noch nie Bürger über so ein weitreichendes Thema befragt. Die Bürgerdemokratie dürfe nicht aufhören, er wolle weitere Bürgerkonvents schaffen. Für 2021 kündigte er die Möglichkeit eines Referendums über eine oder mehrere der Ideen aus dem Klimabereich an.
Mit dem Empfang des Bürgerkonvents bringt sich der Präsident geschickt ins Gespräch. Bei den Kommunalwahlen am Sonntag hatte Macrons Bewegung LREM eine Wahlschlappe erlitten, während die Grünen zahlreiche große Städte wie Bordeaux, Lyon und Straßburg eroberten.
Damit werden die Grünen laut "Le Monde" zu einer "starken Opposition" für Macron. Dieses Ergebnis dürfte wohl auch Einfluss auf seine Antwort zu den Bürgervorschlägen gehabt haben.
Klimaanlagen dürfen nicht mehr kühler als 30 Grad gestellt sein – eine Idee von vielen
Nach den Protesten der Gelbwesten hatte Macron mehr Bürgerbeteiligung versprochen, das war eine der wichtigsten Forderungen der Bewegung gewesen. 150 Bürger aus den verschiedenen Landesteilen, die nach dem Zufallsprinzip aus Telefonlisten ausgelost wurden, beschäftigten sich mit Klimafragen. Es ging konkret darum, wie 40 Prozent Treibhausgase bis 2030 gegenüber 1990 reduziert werden können, während gleichzeitig soziale Gerechtigkeit gewährleistet wird.
Die Vorschläge betreffen Gebäude, Nahrungsmittel, Autos und Werbung. Zu den Vorschlägen im Baubereich gehört,
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dass bis 2040 alle Gebäude mit Energievorgaben renoviert werden, dafür gibt es Subventionen.
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Terrassen dürfen demnach nicht mehr beheizt werden, wie es derzeit in Pariser Cafés üblich ist.
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Geschäfte sollen nachts nicht mehr beleuchtet werden.
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Klimaanlagen dürfen nicht mehr kühler als 30 Grad gestellt sein, abgesehen von Krankenhäusern.
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Bis 2040 soll auf 50 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen nach dem Prinzip der Agrarökologie angebaut werden.
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Werbung in Form von Papierprospekten in Briefkästen soll untersagt werden.
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Im Transportbereich wird massiv in die Bahn investiert, die Mehrwertsteuer wird auf Bahntickets reduziert.
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Inlandsflüge sollen verboten werden, wenn es eine Alternative für den Transport in weniger als vier Stunden gibt.
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Auf Autobahnen soll die Geschwindigkeit auf 110 Kilometer pro Stunde reduziert werden.
Schon im Vorfeld sorgte der Vorschlag der Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen für Empörung. Eine Odoxa-Umfrage ergab, dass 74 Prozent der Franzosen dagegen sind. Macron betonte, man werde die Debatte darüber verschieben, weil es Menschen aus sozial schwachen Gesellschaftsschichten trifft, die weit zur Arbeit fahren müssen.
Strategisch grüne Themen gewählt
Die Umfrage ergab auch, dass die Franzosen nicht wirklich an einen Erfolg des Bürgerkonvents glauben. Fast 73 Prozent waren der Ansicht, dass nur ein kleiner Teil von Macron umgesetzt wird.
Für den Präsidenten ist der Zeitpunkt des Treffens direkt nach den Wahlen wohl Strategie. Er muss zeigen, wie er das Land aus der Coronakrise in die Zukunft führen will.
"Im Laufe der Monate hatte man den Eindruck, dass man den roten Faden verloren hatte, nicht mehr wusste, wohin Macron gehen will", sagt Bruno Cautrès, Forscher am Cevipof, dem Centre de recherches politiques de Sciences Po. Nun ist klar, dass das Thema Umwelt eine wichtige Rolle spielen soll. Dafür hatte er sich symbolisch das Treffen im grünen Garten ausgesucht.
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