Corona-Krise und die Folgen: “Uns stehen gewaltige Katastrophen bevor”

Junge mit Kinderschutzmaske mit "Captain America"-Aufdruck
Sebastian Silva/ dpa
Clemen, 52, Informatikprofessor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg, berät Unternehmen und Behörden in Sicherheitsfragen. Bis 2015 leitete er den Bereich Zivilschutz und Nationale Sicherheit in der Schutzkommission des Bundesinnenministeriums. In Computermodellen simulieren Clemen und seine Mitarbeiter, wie Menschen sich in Krisen verhalten und im öffentlichen Raum bewegen. Auf diese Weise hat er bereits die Ausbreitung der Influenza im Hamburger Nahverkehr modelliert.
SPIEGEL: Herr Professor, Sie untersuchen derzeit, was passiert, wenn sich die Bürger nach der ersten Welle der Pandemie wieder halbwegs normal bewegen. Kommen die Lockerungen verfrüht?
Clemen: Das wissen wir noch nicht. Überhaupt erinnerte das Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern über weite Strecken an einen Blindflug. Das Herunterfahren des Alltags war sinnvoll, weil totale Unsicherheit herrschte und man einen Überblick gewinnen musste. Aber man hätte sich mehr Gedanken darüber machen sollen, wie man den Ausnahmezustand wieder aufhebt. Das fehlte mir in den vergangenen Wochen – und es fehlt noch immer. Wir stolpern mehr in die richtige Richtung, als dass wir sicher voranschreiten.
SPIEGEL: Sie haben in zahlreichen Krisenstäben gearbeitet. Wie sieht optimales Krisenmanagement aus?
Clemen: Wenn ein Krisenstab evidenzbasiert arbeitet, müssen Sie sich das wie ein großes weißes Blatt vorstellen. Die Idee ist, dass man dieses Blatt mit Informationen füllt und sich am Ende ein Gesamtbild ergibt, aus dem wir lernen, sodass wir in einer vergleichbaren Situation Fehler nicht wiederholen.
SPIEGEL: Ist das in der aktuellen Pandemie gelungen?