Anthony Fauci: Chef-Virologe Fauci widerspricht Donald Trump bei Corona-Tests

Anthony Fauci (l./im April 2020), Donald Trump: "Das Gegenteil ist der Fall"
LEAH MILLIS/ REUTERS
Der führende US-Immunologe in der Coronakrise, Anthony Fauci, hat sich besorgt über deutlich zunehmende Fallzahlen von Coronavirus-Infektionen in mehreren US-Bundesstaaten geäußert. Fauci sprach am Dienstag bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus von einem "beunruhigenden Anstieg von Infektionen" unter anderem in Florida, Texas, Arizona.
US-Präsident Donald Trump spielte den jüngsten Anstieg der Infektionen in den USA am Dienstag hingegen erneut herunter. "Wenn wir mehr testen, finden wir mehr Fälle", sagte er. "Testen ist ein zweischneidiges Schwert." Die USA hätten mehr als 25 Millionen Tests ausgeführt, mehr als jedes andere Land.
Trump hatte bereits bei einer Kundgebung am Samstag gesagt: "Wenn man in diesem Ausmaß testet, wird man mehr Menschen finden, man wird mehr Fälle finden, also habe ich meinen Leuten gesagt: 'Verlangsamt bitte die Tests'." Aus dem Weißen Haus hieß es anschließend, Trump habe "offensichtlich gescherzt". Der Präsident sagte jedoch am Dienstag, als er auf seine Aussage angesprochen wurde: "Ich scherze nicht."
Fauci betonte am Dienstag, niemand aus der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses sei jemals angewiesen worden, Tests zu verlangsamen. "Das Gegenteil ist der Fall. Wir werden mehr testen, nicht weniger."
Die nächsten Wochen seien entscheidend dafür, dem Anstieg entgegenzuwirken, sagte Fauci weiter. Es gebe aber auch Erfolge im Kampf gegen das Virus in den USA. So sei es etwa im Bundesstaat New York gelungen, die Fallzahlen zu senken.
Experten weisen Trump Behauptungen zurück
Trump wirbt für eine rasche Wiedereröffnung der Wirtschaft und will – wohl auch mit Blick auf die Wahl im November – eine möglichst rasche Rückkehr zur Normalität. Seiner Darstellung zufolge ist das Coronavirus dabei, nach und nach aus den USA zu verschwinden.
Die meisten renommierten Experten lehnen Trumps Erklärung ab, wonach die Zunahme der Infektionen vor allem auf eine Zunahme von Test zurückzuführen sein soll. Sie machen vorrangig die Lockerung von Corona-Beschränkungen verantwortlich. Die täglich neu registrierten Fälle in den USA liegen wieder bei rund 30.000 – das ist nur etwas weniger als zum Höhepunkt der Krise im April.
New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sagte dem Sender NBC am Dienstag: "Wir erwägen ernsthaft eine Quarantäne, nur um sicherzustellen, dass Menschen, die aus Staaten mit höheren Infektionszahlen kommen, unsere Infektionsrate nicht versehentlich erhöhen." Damit meint der Gouverneur eine gewöhnlich zweiwöchige, verpflichtende Quarantäne, die Einreisenden aus entsprechenden Bundesstaaten auferlegt wird.
Erst ein Impfstoff könnte Entwarnung bringen – aber das kann noch dauern
Fauci erklärte, die gewaltigen Anstrengungen bei der Suche nach einem Impfstoff machten Fortschritte. Er sei weiterhin zuversichtlich, dass ein wirksamer Impfstoff Anfang kommenden Jahres zur Verfügung stehen könne. Es gebe aber keine Garantie dafür.
Die Vereinigten Staaten sind das Land mit den meisten nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen weltweit. Mehr als 2,3 Millionen Fälle wurden seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Mehr als 120.000 Menschen starben nach einer Infektion mit dem Erreger Sars-CoV-2.
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