Sondertribunal nimmt Gestalt an: Selenskyj will Putin auf der Anklagebank sehen
Politik

Selenskyj bei seiner Rede vor dem Europarat.
Ergänzend zum Internationalen Strafgerichtshof soll ein Sondertribunal in Den Haag dafür sorgen, russische Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Unter Federführung des Europarats soll das Gremium bald mit der Arbeit beginnen. Der ukrainische Präsident Selenskyj knüpft große Hoffnungen daran.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, haben ein Abkommen für ein Sondertribunal für Verbrechen gegen die Ukraine unterzeichnet. "Die Ukraine kann auf den Europarat zählen", sagte Berset nach der Unterzeichnung. "Jeder Kriegsverbrecher muss wissen, dass es Gerechtigkeit geben wird, und das gilt auch für Russland", erklärte Selenskyj. "Gerechtigkeit braucht Zeit, aber sie muss kommen, davon bin ich überzeugt."

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Der Europarat hat das Sondertribunal zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in den vergangenen Monaten vorbereitet. Das Richtergremium soll im niederländischen Den Haag angesiedelt werden und Top-Vertreter der russischen Führung zur Verantwortung ziehen.
Selenskyj forderte ein Gerichtsverfahren auch gegen Kremlchef Wladimir Putin. "Es bedarf einer starken politischen und rechtlichen Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass jeder russische Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt wird, einschließlich Putin", sagte Selenskyj.

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Prozess gegen Putin unwahrscheinlich
Dass der Kremlchef auf der Anklagebank erscheinen wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Zwar könnte Beschuldigten auch in Abwesenheit der Prozess gemacht werden. Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister unterliegen aber rechtlicher Immunität, wie der Europarat mitteilte. Heißt: Erst wenn sie aus dem Amt scheiden oder ihre Immunität aufgehoben wird, können sie verurteilt werden. Laut Europarat ist das Tribunal trotzdem wichtig, etwa um Beweise zu sammeln und Anklagen vorzubereiten.
Im nächsten Schritt können sich interessierte Staaten sowie die Europäische Union entscheiden, ob sie am Tribunal mitwirken wollen. Laut Europarat laufen in der Zwischenzeit die Vorbereitungen. Ziel sei, dass das Tribunal in den kommenden Monaten – zumindest in vorläufiger Form – an die Arbeit gehen könne.
Dem Europarat gehören 46 Staaten mit mehr als 700 Millionen Einwohnern an. Er setzt sich für die Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Europa und darüber hinaus ein. Der Europarat billigte das Tribunal im Mai mit der Begründung, es solle den Internationalen Strafgerichtshof ergänzen. Dieser hat einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts