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Corona-Konjunkturpaket: 130 Milliarden Euro auf dem Papier – und nun?

June 06
00:33 2020
Markus Söder, Angela Merkel und Olaf Scholz bei der Pressekonferenz nach dem Ende der Beratungen zum Konjunkturpaket Icon: vergrößern

Markus Söder, Angela Merkel und Olaf Scholz bei der Pressekonferenz nach dem Ende der Beratungen zum Konjunkturpaket

John Macdougall/ DPA

Bei der Wasserstoff-Strategie kann es der Bundesregierung gar nicht schnell genug gehen: Schon kommende Woche will das Kabinett das unter Punkt 36 und 37 des Konjunkturpakets vereinbarte Konzept verabschieden, es geht um Investitionen von rund neun Milliarden Euro.

Ein Kabinettsbeschluss bedeutet noch lange nicht, dass das Projekt damit sofort anläuft – aber es ist ein wichtiger Schritt.

Noch ist das Corona-Konjunkturpaket im Volumen von 130 Milliarden Euro nicht viel mehr als ein Stapel Papier. 57 Maßnahmen auf 15 Seiten. Damit die erhofften Impulse wirken können, mit denen man Deutschland gegen die befürchtete schwere Rezession wappnen will, müssen die beschriebenen Konzepte nun aber so rasch wie möglich umgesetzt werden.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sieht dafür nun zunächst die Bundesregierung in der Pflicht. "Die Maßnahmen des Koalitionsausschusses müssen wir jetzt umgehend und im Ganzen umsetzen", sagte der CDU-Politiker dem SPIEGEL. "Wir dürfen keine Zeit verlieren." Er erwarte von der Regierung, "dass sie die dafür nötigen Gesetzentwürfe komplett zu allen Beschlüssen so schnell wie möglich vorlegt".

Klingt entschlossen. Nur: Selbst wenn das alles so kommt, ist es damit nicht getan. Etliche Hürden warten noch. Der Bundestag muss die entsprechenden Gesetze mit Mehrheit beschließen, was davon im Bundesrat zustimmungspflichtig ist, muss auch noch durch die Länderkammer.

Beschleunigte Verfahren sind das Mindeste

Allerdings kommt das Parlament nach bisheriger Planung bis zur Sommerpause nur noch zu zwei Sitzungswochen zusammen, der Bundesrat trifft sich auch nur noch zweimal bis Anfang Juli. Sogenannte beschleunigte Verfahren in Bundestag und Länderkammer sind also das Mindeste, um rasch voranzukommen. Dabei sollte die Politik besonders gründlich sein, wenn es um so viel Geld geht.

Die formal größte Hürde verbirgt sich hinter Punkt 18 des Konjunkturpakets. Denn damit der Bund die Kommunen künftig bei den Unterbringungskosten für Arbeitssuchende unterstützen kann, wie es zwischen Union und SPD verabredet wurde, soll das Grundgesetz geändert werden. "Daher werden wir in der Verfassung abweichend regeln, dass der Bund die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zu 75 Prozent tragen kann, bevor Bundesauftragsverwaltung eintritt", heißt es in dem Papier in bestem Bürokratendeutsch.

Die sogenannte Bundesauftragsverwaltung bedeutet, dass die Kommunen entsprechende Kompetenzen an den Bund abgeben müssten. Genau deswegen ist man in Koalitionskreisen sehr optimistisch, dass sich für die Grundgesetzänderung die notwendige Mehrheit in Bundestag und Bundesrat findet. "Wir wollen kommunale Selbstverwaltung ja stärken und nicht begrenzen", sagte Unionfraktionsvize Andreas Jung. Der CDU-Politiker erinnert zudem daran, dass der Bundesrat eine solche Grundgesetzänderung schon 2018 gefordert habe. "Das sollten wir nun gemeinsam aufgreifen und sehr zeitnah umsetzen", sagt Jung.

Für die geplanten steuerlichen Änderungen kann das Grundgesetz unangetastet bleiben, die Zustimmung des Bundesrats dürfte in den meisten Fällen aber nötig sein. So auch bei der zentralen Maßnahme des Konjunkturpakets, der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr – Entlastungsvolumen rund 20 Milliarden Euro.

Laschet will Sondersitzung des Bundesrats

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet schlägt bereits eine Sondersitzung des Bundesrats vor, damit die bis Jahresende befristete Verringerung der Mehrwertsteuersätze so rasch wie möglich wirksam wird. "Es wird eine Sondersitzung des Bundesrates geben müssen vor Ende Juni, damit sie am 1. Juli in Kraft treten kann", sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende. "Wir sind dazu bereit, noch im Juni zu einer Sondersitzung zusammenzukommen, wenn der Bundestag seine Entscheidung gefällt hat."

Abgesehen vom Zeitplan gibt es bei den Mehrwertsteuerplänen noch eine andere Hürde – und zwar funktionaler Art. Die Frage ist nämlich, ob die Absenkung überhaupt den gewünschten konjunkturellen Effekt hat.

"Den Konsum regt die Mehrwertsteuersenkung nur an, wenn sie in den Preisen weitergegeben wird", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld. Der Freiburger Professor ist immerhin Chef der Wirtschaftsweisen und damit eine Art ökonomischer Oberberater der Bundesregierung.

Er halte den erhofften Effekt für zweifelhaft, sagte Feld den Funke-Zeitungen. Das hindert führende Vertreter der Koalitionsparteien übrigens nicht daran, bereits über eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung nachzudenken.

Wie gesagt, sie ist noch nicht einmal eingeführt.

Icon: Der Spiegel

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