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Russische Sabotageaktion?: Spekulationen um abgestürzte DHL-Maschine in Litauen

November 25
20:06 2024

Politik

Die Absturzstelle nahe dem Flughafen.

Die Absturzstelle nahe dem Flughafen.

Am Flughafen Vilnius stürzt eine DHL-Maschine kurz vor Erreichen der Landebahn ab. Sicherheitsexperten und Politiker befürchten, es könnte sich um einen russischen Sabotageakt handeln. Ein Spezialist für Flugzeuge hält das jedoch für ausgeschlossen.

Nach dem Absturz eines Frachtflugzeugs, das im Auftrag des Postdienstleisters DHL unterwegs war, liegen dem Unternehmen nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise auf verdächtige Pakete an Bord der Maschine vor. "Zum jetzigen Zeitpunkt liegen uns keine Informationen vor, die auf etwas Ungewöhnliches oder Verdächtiges hindeuten", sagte Ausra Rutkauskiene, Vertriebs- und Marketingleiterin bei DHL Litauen.

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Die Untersuchungen liefen und währenddessen habe das Unternehmen nichts zu berichten und werde nichts kommentieren. "Wir möchten nicht spekulieren", wurde sie von litauischen Medien zitiert. Die Unglücksmaschine habe Pakete für Kunden transportiert. "Wir stehen in individuellem Kontakt mit allen Kunden, deren Pakete im Flugzeug waren", sagte sie.

Die Boeing 737 der Fluglinie Swift Air war am frühen Morgen aus Leipzig kommend in der Nähe des Flughafens der litauischen Hauptstadt Vilnius knapp neben einem Wohngebäude abgestürzt. Dabei kam einer der Piloten, ein spanischer Staatsbürger, ums Leben, wie die Polizei mitteilte. Die übrigen Insassen des Flugzeugs – ein Deutscher, ein weiterer Spanier und ein Litauer – erlitten Verletzungen.

"Verdacht ist durchaus schlüssig"

"Höchstwahrscheinlich handelt es sich entweder um einen technischen Fehler oder menschliches Versagen", sagte der litauische Polizeichef Arunas Paulauskas. Zugleich könne er aber auch einen Terroranschlag nicht ausschließen. "Wir sind keine Luftfahrtexperten und können zu diesem Zeitpunkt nichts Näheres sagen. Bislang wissen wir nur, dass das Flugzeug im Sinkflug war und die Landebahn nicht erreicht hat." Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas sagte, es gebe bislang keine Hinweise darauf, dass sich bei dem Absturz um Sabotage oder einen Terroranschlag gehandelt habe. Die Ermittlungen dazu könnten aber "etwa eine Woche dauern".

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Der Absturz weckt bei einigen Experten dennoch Befürchtungen, es könnte sich um einen Sabotageakt russischer Dienste handeln. Der österreichische Militärexperte Markus Reisner sagte gegenüber ntv.de: "Dieser Verdacht ist durchaus schlüssig, weil es in der Vergangenheit einige Fälle gab, wo man nachweisen konnte, dass Pakete, die für die Luftfracht bestimmt waren, sich entzündet haben und man eine Maßnahme der hybriden Kriegsführung Russlands erkennen konnte." Russland könnte so versuchen, weiterhin Angst und Schrecken zu verbreiten. "Aber solange wir keinerlei klare Beweise haben, durch die sich eine Verbindung mit Russland herstellen lassen, bleibt es reine Spekulation", sagte Reisner.

Im Juli fingen in DHL-Logistikzentren in Leipzig und Birmingham zwei Pakete Feuer. Die litauische Polizei nahm später einen Verdächtigen fest, der vier Brandsätze über einen DHL-Shop in Vilnius verschickt haben soll. Die Ermittler gehen davon aus, dass er im Auftrag russischer Geheimdienste handelte. "Wir beobachten ein aggressives Agieren der russischen Nachrichtendienste", erklärte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, Mitte Oktober bei einer Anhörung im Bundestag. Insbesondere Spionage und Sabotage in Deutschland durch russische Akteure hätten zugenommen – und zwar "sowohl quantitativ als auch qualitativ."

"Ernstzunehmende Angriffe auf unsere Demokratie"

"Auch wenn es aktuell noch nicht aufgeklärt ist, es ist zumindest wahrscheinlich, dass es sich um eine russische Sabotage und somit Terror handeln könnte, da Nachrichtendienste und Partner eindringlich davor gewarnt haben", kommentierte der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter den Absturz gegenüber dem "Handelsblatt". Ähnlich äußerte sich der Grünen-Fraktionsvize und Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz: "Es ist dringend notwendig, die genauen Hintergründe des Absturzes auch in Kooperation mit unseren Verbündeten entschlossen aufzuklären". Seit Monaten erlebe man immer wieder "sehr ernstzunehmende Angriffe auf unsere Demokratie und ihre Lebensadern." Mittlerweile gebe es beinahe täglich Spionage- und Sabotageaktionen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wollte am Rande eines Treffens der G7-Außenminister in Fiuggi einen hybriden Angriff nicht ausschließen. Man könne nicht einfach davon ausgehen, dass die Ursache ein technischer Defekt gewesen sei. "Sondern wir hatten zuletzt in Europa mehrfach hybride Angriffe gesehen", sagte Baerbock auch mit Blick auf die Kappung zweier Datenkabel in der Ostsee vergangene Woche. Dies zeige, "wie wichtig der Schutz unserer kritischen Infrastruktur ist".

Unterdessen hält der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt einen Brand durch Sabotage an Bord der Maschine für ausgeschlossen. "Es war wohl ein technisches Problem oder menschliches Versagen", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Laut Großbongardt weisen erste Daten darauf hin, dass sich das Flugzeug im Anflug unter dem Leitstrahl des Instrumentenlandesystems befand und zu schnell sank. Warum, das sei derzeit noch unklar.

Deutsche Ermittler reisen nach Vilnius

An der Suche nach der Absturzursache beteiligen sich auch deutsche Ermittler. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung werde die Ermittlungen vor Ort in Litauen unterstützen, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums in Berlin. Ab dem Abend würden Kollegen dort im Einsatz sein. "Zur Unglücksursache können noch keine Aussagen getroffen werden", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Die Auswertung der Kommunikation zwischen dem Piloten der abgestürzten Maschine und dem Tower deutet einem Bericht des litauischen Rundfunks zufolge nicht auf einen Notfall oder andere Unregelmäßigkeiten beim Landeanflug hin. In dem veröffentlichten Mitschnitt ist ein völlig ruhig und routinemäßig verlaufendes Gespräch zu vernehmen, sagte Vidas Kaupelis von der Universität Vilnius dem Rundfunk. "Ohne auf Details einzugehen, kann man sagen, dass die Piloten keine Gefahr und keine Probleme gemeldet haben."

Quelle: ntv.de, jpe/dpa/rts

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