Ton Steine Scherben: R.P.S. Lanrue ist tot
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R.P.S. Lanrue, der bürgerlich Ralph Peter Steitz hieß, im Jahr 2020.
Als Rio Reiser 1969 "Macht kaputt, was euch kaputt macht" ins Mikrofon schreit, liefert R.P.S. Lanrue das Gitarrenriff dazu. Wenig später sind Ton Steine Scherben geboren, die Band, die den Sound von West Berlin wie keine Zweite prägte. Jetzt ist Lanrue seinem Krebsleiden erlegen.
Der als R.P.S. Lanrue bekannte Musiker Ralph Peter Steitz ist tot. Der Mitbegründer der Politrockband Ton Steine Scherben starb am Sonntag im Kreis der Familie in Berlin, wie seine Frau bestätigte. Zuvor hatte "Die Tageszeitung" berichtet. Lanrue hatte demnach lange an Krebs gelitten. Er wurde 74 Jahre alt.
Lanrue hatte die Band 1970 mit Rio Reiser gegründet. Ralph Peter Steitz (Lanrue) und Ralph Christian Möbius (Reiser) verband eine Menge. Im hessischen Nieder-Roden liefen sie sich 1966 über den Weg. Lanrue brauchte einen Gitarristen und ließ Reiser einen Stones-Song vorspielen. Als Beat Kings und De Galaxis spielten sie Covers und erste eigene Songs.

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Reiser ging nach West-Berlin, Lanrue folgte kurz darauf. Für das Theaterstück "Rita und Paul" schrieben sie 1969 "Macht kaputt, was euch kaputt macht". Der Song hatte direkten Bezug zum Stück. "Da wurde jeden Abend ein Fernseher mit einem Rechtsextremen zertrümmert", erinnerte sich Lanrue. "Dazu haben wir dann 'Macht kaputt' gespielt." Kurz darauf gründeten Reiser und Lanrue mit dem Bassisten Kai Sichtermann und dem Schlagzeuger Wolfgang Seidel Ton Steine Scherben. Im Laufe der Jahre sollte es zahlreiche Zuwächse, Auszeiten und Wechsel in der Besetzung geben.
Im Original hat "Macht kaputt, was euch kaputt macht" fast zwei Minuten Vorspiel, nach leicht sphärischen ersten Klängen folgt ein zunehmend aggressives Crescendo mit einem unverwechselbaren Gitarrenriff von Lanrue. "Wenn ich das nur angespielt habe, war die Stimmung sofort da", beschrieb der Musiker die aufgeheizte Situation in den Konzerten.
Roth: "Ein großer Verlust"
Die Scherben lieferten auf drei Alben den Sound der Revolte: "Ich will nicht werden, was mein Alter ist" thematisierte den Generationenkonflikt, der "Rauch-Haus-Song" ist Begleitung für Hausbesetzungen, "Keine Macht für Niemand" standen für den Drang zu Freiheit und Anarchie. Vieles von der Playlist zum Kampf gegen das Establishment spielte sich in Kreuzberg ab. Im geteilten Berlin war der Bezirk wie getrennt vom Leben des restlichen Westteils der Stadt. "Die Erfindung Kreuzbergs" ist aus Sicht der "Tageszeitung" die "historische Großtat von Ton Steine Scherben".

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Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die in den frühen 1980ern Managerin der Band war, zeigte sich sehr traurig und tief getroffen. "Das ist ein großer Verlust, auch für mich persönlich", sagte die Grünen-Politikerin in einem Statement. "R.P.S. Lanrue war einer der wichtigsten Komponisten und Gitarristen unseres Landes." Aus der Zusammenarbeit mit Rio Reiser seien Songs entstanden, die den Sound einer ganzen Generation geprägt hätten. "Sie haben mit Ton Steine Scherben eine der politischsten Bands unseres Landes gegründet, die aber ebenso für große Kunst stand."
Lanrue habe mehr als 50 Jahre Musik gemacht und geprägt und für eine kämpferische Idee der Verbindung von Musik und Politik gestanden. "Die Songs sind zeitlos, sie berühren heute noch genauso, geben Kraft", so Roth.
Quelle: ntv.de, ino/dpa