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Ukraine-Talk bei Maischberger: Wagenknecht: “Ich vertraue Putin nicht”

June 13
06:36 2024

Politik

Reden über Krieg und Frieden: Die Publizistin Marina Weisband (r) und die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht

Reden über Krieg und Frieden: Die Publizistin Marina Weisband (r) und die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht

Zum ersten Mal seit dem russischen Angriff auf die Ukraine startet jetzt in der Schweiz der Versuch, über eine Friedenslösung für die Ukraine zu sprechen. Darüber diskutieren zwei Politikerinnen in der ARD-Talkshow "Maischberger".

Wenn sich Publizistin Marina Weisband und die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht über den Krieg in der Ukraine unterhalten, könnte man davon ausgehen, dass es schnell zu einem Streit kommt. Das Interessanteste an der Diskussion zwischen den beiden Politikerinnen am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Maischberger" ist, dass genau das nicht passiert. Leider gibt es auch an vielen Stellen keinen wirklichen Dialog. Weisband reagiert eher passiv, schildert sehr sachlich die Situation in der Ukraine, ist an Wagenknechts Meinung interessiert, hört ihr zu. An einer Stelle sagt sie es sogar ganz klar: "Ich will Ihre Position verstehen." Wagenknecht ist professionell wie immer, und wenn sie schon zum Reden aufgefordert wird, redet sie auch. Moderatorin Sandra Maischberger stellt ab und zu eine Frage, lässt ihren beiden Gästen ansonsten aber erstaunlich viel Spielraum. Und manchmal erfahren die Zuschauer so auch etwas Neues.

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Zum Beispiel, als die Moderatorin Wagenknecht auf das Verhalten der BSW-Bundestagsgruppe am Dienstag anspricht. Da ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Bundestag zu Gast, hält eine sehr emotionale Rede. BSW-Gruppe und AfD-Fraktion proben den Zwergenaufstand, bleiben der Veranstaltung fern. Viele Medien schreiben anschließend von einem Skandal.

"Nicht die Zeit für Jubelveranstaltungen"

Maischberger fragt Wagenknecht am Beginn des Gesprächs nach dem Grund ihrer Reaktion. Wagenknecht: "Ich war nicht da, weil ich seine Rede nicht in einem Setting sehen wollte, das als einzige Reaktion Standing Ovations zulässt. Es gab keine Möglichkeit zur Aussprache, keine Möglichkeit zur Debatte. Jetzt ist nicht die Zeit für Jubelveranstaltungen. Ich glaube nicht, dass Selenskyj für die gesamte Ukraine spricht, zumindest ganz offensichtlich nicht für die 600.000 jungen Männer, die in die EU geflohen sind, weil sie nicht eingezogen werden wollen."

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Dies ist der einzige Moment, in dem Marina Weisband ein wenig ihre Gelassenheit verliert. "Ich gehe mit denen auf die Demos. Die unterstützen das schon trotzdem." Nur weil diese Menschen nicht an der Front kämpften, unterstützten sie dennoch die Linie Selenskyjs, sagt Weisband, die in der Ukraine geboren ist.

"Ich kriege andere Mails und andere Resonanzen. Viele machen sich große Sorgen", sagt Wagenknecht. Der ukrainische Präsident habe ein neues Gesetz eingeführt, nach dem jeder aus der Ukraine geflohene seine Papiere nicht mehr im Ausland erneuern lassen könne. Viele Menschen dürften anschließend die Ukraine nicht mehr verlassen und würden zum Militärdienst eingezogen. Und auch sonst gebe es in der Ukraine immer rabiatere Formen der Rekrutierung von Soldaten.

Verhandlungen contra Waffenlieferungen

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Die Positionen der Grünen Weisband und der BSW-Gründerin Wagenknecht sind bekannt. Beide verurteilen den russischen Angriff auf die Ukraine, Wagenknecht fordert immer wieder ein Ende des Krieges durch Verhandlungslösungen, Weisband kritisiert, dass der Westen die Ukraine zu wenig unterstütze.

Man merkt der Publizistin an, wie nahe ihr die Situation der Menschen in der Ukraine geht. Ihre Familie lebt noch dort. Der Krieg bestimme seit zehn Jahren den Alltag der Menschen, sagt sie. "Meine Familie lebt in einem Land, das jeden Tag mehr zerstört wird. Sie versuchen, optimistisch zu sein. Wir haben Hoffnung, denn wir haben keine andere Wahl mehr als die Hoffnung. Mein Cousin hat sich die Knie kaputt gemacht. Er musste operiert werden. Jetzt versucht er verzweifelt, wieder an die Front zu kommen. Aber bestimmt nicht, weil er es da so toll findet, sondern weil klar ist: Wenn wir jetzt kapitulieren, wenn wir jetzt den Teil der Ukraine opfern, der schon besetzt ist, dann ist das, was danach kommt, kein Frieden." Mit einem Waffenstillstand, wie er Wagenknecht vorschwebt, kann Weisband nichts anfangen, "Weil das die Vorbereitung des nächsten Krieges ist. Es wäre ein Belohnen des Aggressors."

Dass der russische Präsident Wladimir Putin nach einem irgendwie gearteten Sieg in der Ukraine in einigen Jahren Länder in Europa angreifen würde, bestreitet Wagenknecht. Das würde immer erzählt, sagt sie. Aber zunächst solle man die Signale ernst nehmen, die Putin ausgesandt habe: Vereinbarung eines Waffenstillstands entlang der Frontlinie. Das wäre immerhin mehr als gar nichts. "Das wäre der Beginn von Verhandlungen, das ist noch nicht das Ende des Krieges, aber es müssen doch erstmal die Waffen schweigen." Der Westen habe so viele Waffen an die Ukraine geliefert, und geholfen habe das alles nichts.

Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben

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Das sieht Weisband tatsächlich genauso. Schuld daran gibt sie dem Westen: "Dieser Krieg hätte schon lange vorbei sein können, und die NATO tut der Ukraine keinen Gefallen damit, dass sie sie an diesen langen Tropf hängt, wo man zu viel zum Sterben bekommt und zu wenig zum Leben." Hätte der Westen alles das, was er inzwischen geliefert hat, schon im Frühjahr 2022 in die Ukraine geschickt, hätte der Krieg im Sommer 2022 zu Ende sein können. Jetzt sei Russland quasi darauf angewiesen, den Krieg weiterzuführen: "Putin hat inzwischen in Russland eine Wirtschaft aufgebaut, die ohne Krieg gar nicht mehr funktioniert", sagt Weisband. "Das heißt, er braucht Krieg. Und er braucht auch Krieg, um weiter davon abzulenken, dass es der russischen Bevölkerung derweil beschissen geht und dass er das Land eigentlich ausblutet für seine imperialistischen Ideen."

Von den Friedensverhandlungen, die Wagenknecht fordert, ist Weisband nicht überzeugt. Verhandlungen gebe es ohnehin, sagt sie, nur nicht auf Spitzenebene. "Ich glaube aber, es muss sowohl mit der Ukraine als auch mit dem Rest der Weltgemeinschaft auf einer sehr nüchternen, rationalen Basis die Frage geklärt werden, welche Bedingungen für Friedensverhandlungen akzeptabel wären. Deswegen ist der Friedensgipfel in der Schweiz wichtig."

Den kritisiert Wagenknecht, weil Russland nicht daran teilnimmt. Sie fordert erneut Friedensverhandlungen, selbst unter den Bedingungen, dass der Westen dem russischen Präsidenten nicht vertraue. "Man muss Putin nicht vertrauen, man muss es austesten. Auch ich vertraue Putin nicht." Aber man müsse dessen Signale aufnehmen und über einen Frieden verhandeln. "Ich möchte, dass dieses Sterben endet."

Quelle: ntv.de

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