“Gegen Werte und Bevölkerung”: Scholz und Macron warnen Georgien – EU-Beitritt in Gefahr
Politik

Über Wochen waren die Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße gegangen, um gegen das Gesetz zu protestieren.
Ungeachtet der Proteste Hunderttausender beschließt das georgische Parlament ein Gesetz zur Einschränkung des ausländischen Einflusses auf die Zivilgesellschaft. EU, NATO und UNO kritisieren das Vorhaben scharf. Nun wenden sich Deutschland und Frankreich mit deutlichen Worten an Tiflis.
Deutschland und Frankreich zeigen sich "zutiefst besorgt über die Lage in Georgien". Hintergrund ist die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes gegen angeblichen "ausländischen Einfluss". Sie nähmen "mit tiefem Bedauern" die Entscheidung der georgischen Regierung und der Regierungspartei zur Kenntnis, vom europäischen "Pfad abzuweichen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Zur Begründung führten Scholz und Macron an, dass die georgische Regierung "gegen unsere gemeinsamen europäischen Werte und die Bestrebungen der georgischen Bevölkerung handelt, unter anderem durch Annahme des so genannten Gesetzes zur 'Transparenz ausländischer Einflussnahme'".

Macron und Scholz richten deutliche Worte an die georgische Regierung.
(Foto: picture alliance/dpa)
Scholz und Macron verwiesen darauf, dass ihre beiden Ländern stets "den europäischen Pfad" Georgiens befürwortet hätten. Sie hätten auch "die Entscheidung des Europäischen Rates vom Dezember 2023 zur Verleihung des (EU-)Kandidatenstatus (für Georgien) aktiv unterstützt". Sie fügten hinzu: "Georgiens europäischer Pfad ist vorgezeichnet – darüber, mit welcher Geschwindigkeit und Richtung vorangeschritten wird, entscheidet aber Georgien."
Am Dienstag hatte das georgische Parlament trotz wochenlanger Massenproteste das umstrittene Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" verabschiedet. Demnach müssen sich Organisationen und Medien, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, in der ehemaligen Sowjetrepublik künftig als Organe registrieren lassen, welche die "Interessen ausländischer Mächte verfolgen". Kritiker sehen darin Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland, das es den dortigen Behörden ermöglicht, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen.
Präsidentin Salome Surabischwili hat derweil ihr Veto gegen das Gesetz eingelegt. In einer TV-Ansprache sagte sie, dass das Vorhaben "im Wesen russisch ist und unserer Verfassung widerspricht". Zudem widerspreche es "allen europäischen Standards". Die regierungstreuen Abgeordneten im Parlament in Tiflis verfügen allerdings über eine ausreichende Mehrheit, um ihr Veto zu überstimmen.
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Gegen das Gesetz gingen in Georgien Hunderttausende Demonstranten auf die Straße. Auch international hatte das Gesetz Kritik ausgelöst. Die EU, die UNO und die NATO riefen die Regierung in Tiflis zum Kurswechsel auf. Auch die Bundesregierung forderte eine Rücknahme des Gesetzes.
Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat. Mit dem neuen Gesetz ist eine europäische Zukunft für das Kaukasusland aber kaum vorstellbar. Umfragen zufolge sind über 80 Prozent der Georgier und Georgierinnen für einen EU- und NATO-Beitritt ihres Landes.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP