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Corona-Übersichtsstudie: So wirken Mindestabstand, Masken und Augenschutz

June 02
17:32 2020
Gedränge am Alexanderplatz in Berlin: Masken können einen Beitrag zum Corona-Schutz leisten - aber Abstand ist wichtiger Icon: vergrößern

Gedränge am Alexanderplatz in Berlin: Masken können einen Beitrag zum Corona-Schutz leisten – aber Abstand ist wichtiger

Jochen Eckel/ imago images/Jochen Eckel

Der Erreger verbreitet sich beim Husten, Niesen und Sprechen über fliegende Tröpfchen. Er bleibt in Form feinerer Partikel, sogenannter Aerosole, teils Stunden in der Luft. Und er kann über kontaminierte Oberflächen weitergetragen werden. Gefährlich wird es dann, wenn ein gesunder Mensch auf diese Weise das Sars-CoV-2-Virus an seine Schleimhäute in Mund, Nase oder Augen bekommt. Dann droht eine womöglich folgenschwere Covid-19-Erkrankung.

Genau das sollen die wichtigsten Schutzmaßnamen in der Coronakrise verhindern: Mindestabstand, Masken und – gegebenenfalls – Augenschutz. Auch häufiges Händewaschen und generell eine gute Hygiene sollen ihren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. In einer im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlichten Übersichtsstudie haben sich Wissenschaftler nun die Effektivität der einzelnen Maßnahmen angesehen.

Das Team hatte 172 bis Anfang Mai erschienene Fallstudien aus 16 Ländern sowie 44 Vergleichsstudien ausgewertet, die gut 25.600 Fälle von Erkrankten umfassten. Nicht alle der Fachaufsätze beschäftigten sich mit dem Sars-CoV-2-Virus, in manchen wurde auch die Effektivität von Schutzmaßnahmen gegen die verwandten Erreger der Krankheiten Mers und Sars untersucht. Außerdem waren die Studien nicht randomisiert und kontrolliert, auch weil beim Schutz vor dem Erreger aus ethischen Gründen keine Placebo-Maßnahmen zum Einsatz kommen können.

Selbst alle Maßnahmen zusammen bieten keinen vollständigen Schutz

Die Forscher weisen zudem auf teils hohe statistische Unsicherheiten bei der Auswertung hin. "Unsere Ergebnisse sind die Ersten, die alle direkten Informationen über Covid-19, Sars und Mers zusammenfassen und die derzeit besten verfügbaren Erkenntnisse über den optimalen Einsatz dieser häufigen und einfachen Interventionen zur 'Abflachung der Kurve' liefern", gibt sich Co-Autor Holger Schünemann von der McMaster University im kanadischen Hamilton trotzdem sicher.

Das Ergebnis lautet grob zusammengefasst: Ein Mindestabstand von einem Meter – besser sind jedoch zwei oder womöglich drei – ist der effektivste Schutz, um das Risiko einer Infektion zu verringern. Danach folgen das Tragen von Gesichtsmasken und Augenschutz wie etwa in Form eines Gesichtsschildes, hier sind die Belege für einen Schutz etwas weniger überzeugend. Häufiges Händewaschen und gute Hygiene sind ebenfalls entscheidend. Aber selbst all diese Maßnahmen zusammen können keinen vollständigen Schutz bieten.

Co-Autor Derek Chu von der McMaster University sagte, die Menschen sollten verstehen, dass das Tragen einer Maske keine Alternative zum Einhalten des Abstands sei. Im Fall von Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich sprechen sich die Autoren im übrigen klar für Masken mit einem möglichst hohen Schutzniveau aus. Solche Masken werden oft mit der Schutzklasse FFP-2 oder – etwa in den USA – N95 bezeichnet. Diese hätten klare Vorteile gegenüber einfachen OP-Masken.

Für die breite Öffentlichkeit gebe es "wahrscheinlich" auch eine Schutzwirkung durch chirurgische Einwegmasken oder wiederverwendbare 12-16-schichtige Baumwollmasken. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass durch die massenhafte Verwendung von Gesichtsmasken die Gefahr bestehe, dass Mitarbeitern des Gesundheitswesens und der Pflege nicht genug Masken für ihren Schutz bekommen könnten. Daher müsse die Industrieproduktion für wirksame Masken hochgefahren werden, um globalen Mangel zu verhindern.

"Nehmt einfach diese Bögen und Pfeile und stellt euch dem Feind"

Die nicht an der Studie beteiligte Forscherin Raina MacIntyre von der University of New South Wales in Australien sagte der "New York Times", die Empfehlungen von Seuchenschutzbehörden zum Einsatz von Masken mit hohem Schutzniveau im Gesundheitsbereich dürften sich nicht an deren Verfügbarkeit orientieren. Es könne nicht sein, dass Masken mit geringerem Schutz gestattet würden, nur weil keine besseren verfügbar seien: "Es ist, als würde man einer Armee sagen: 'Oh, tut mir leid, wir haben keine Waffen mehr, nehmt einfach diese Bögen und Pfeile und stellt euch dem Feind'". Als eine Reaktion auf mangelnde Verfügbarkeit von Masken mit hohem Schutzniveau hatten mehrere Teams Versuche gestartet, wie man diese zumindest desinfizieren und mehrfach verwenden kann.

In einem Kommentar, der ebenfalls in "The Lancet" veröffentlicht wurde, befassen sich MacIntyre und ihr chinesischer Kollege Quanyi Wang auch mit dem Design von Alltagsmasken für die Bevölkerung. Die Übersichtsstudie zeige, dass Mehrschichtmasken schützender seien als Einschichtmasken. "Diese Erkenntnis ist entscheidend für die Verbreitung von selbst gemachten Stoffmasken, von denen viele einlagig sind. Eine gut gestaltete Stoffmaske sollte aus wasserabweisendem Gewebe, mehreren Schichten und guter Passform bestehen", so MacIntyre. Eine Studie an Hamstern hatte kürzlich Hinweise dafür geliefert, dass OP-Masken die Ausbreitung des Virus deutlich mindern, zu Stoffmasken machten die Forscher keine Aussage.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das universelle Tragen von Masken bisher nur zurückhaltend propagiert. In einer kürzlich im Fachmagazin "Science" erschienenen Studie zur Effektivität von Masken gegen die Verbreitung von Sars-CoV-2 durch Tröpfchen und Aerosole ist die Organisation dafür kritisiert worden.

Icon: Der Spiegel

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