News: Ukraine, USA, Wolodymyr Selenskyj, Joe Biden, Olaf Scholz, Katar, Elon Musk, Twitter
Selenskyjs Freund und Helfer
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde gestern von US-Präsident Joe Biden mit größter Herzlichkeit im Weißen Haus empfangen. Später hielt Selenskyj eine Rede vor dem US-Kongress. Es war die Reise eines Mannes, der einfach mal Danke sagen und um weitere Unterstützung bitten wollte.
Der Trip in die US-Hauptstadt ist Selenskyjs erste Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffs auf sein Land. Dass diese Reise nicht ins viel näher gelegene Brüssel, Paris oder Berlin ging, ist ein bisschen peinlich für uns Europäer – aus Selenskyjs Sicht aber mehr als nachvollziehbar. Denn ohne die massive Unterstützung der USA gäbe es heute keine Regierung Selenskyj in der Ukraine. Das ganze Land wäre vermutlich besetztes russisches Territorium.
Die Vereinigten Staaten sind mit Abstand die größten Unterstützer der Ukraine. Rund 50 Milliarden Euro hat Washington bislang zur Verfügung gestellt, größtenteils in Form von Waffenlieferungen. Viele weitere Milliarden sollen rasch folgen, sollte der US-Kongress zustimmen. Auch deshalb reiste Selenskyj jetzt nach Washington.
Zum Vergleich: Deutschland hat seit Kriegsbeginn Hilfen im Wert von gut fünf Milliarden Euro geleistet – inklusive aller Waffenlieferungen und sonstiger Sachleistungen. Zum Vergleich: Das entspricht gerade mal drei Prozent des im Herbst beschlossenen Hilfspakets, auch »Doppel-Wumms« genannt, mit dem die Folgen des Krieges für Deutschland abgefedert werden sollen.
Dass Selenskyj auch Bundeskanzler Scholz demnächst eine Medaille eines ukrainischen Soldaten überreicht, der sich damit bei einem großen Unterstützer bedanken wollte, wie er es gestern im Falle von Joe Biden getan hat, ist in näherer Zukunft jedenfalls nicht zu erwarten.
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Knastschwester Eva
Die Justiz in Belgien entscheidet heute darüber, ob die ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili weiter in Untersuchungshaft bleiben muss. Kaili wird vorgeworfen, vom Scheichtum Katar säckeweise Geld erhalten zu haben, um im Gegenzug eine wohlwollende Politik gegenüber der Golf-Autokratie zu befördern und Lobbyarbeit zu betreiben.
Am 9. Dezember wurden Kaili und ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi, der im EU-Parlament für einen Abgeordneten arbeitete, in Brüssel festgenommen. In der Wohnung der beiden stießen die Ermittler auf 150.000 Euro, und fanden weitere 750.000 Euro bei Kailis Vater in einem Brüsseler Hotel. Alles in Koffern und Tüten verpackt.
Aktuell gibt es Gerüchte, Kaili habe ein Teilgeständnis abgelegt. Ihr griechischer Anwalt betont jedoch, seine Mandantin habe »von der Existenz dieses Geldes nichts gewusst« und sei »unschuldig«. Nur ihr Lebensgefährte könne »Antworten zur Existenz dieses Geldes« geben.
Dieser wiederum soll laut »Le Soir« inzwischen gestanden haben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Katar und von Marokko genutzt worden sei, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen. Zugleich soll er weitere Namen von Mitgliedern dieser »Organisation« genannt haben.
Seine Freundin Eva ist offenbar nicht darunter. Das nennt man vermutlich Liebe. Seltsam ist nur, warum Kaili die ganzen Geldtüten bei sich zu Hause nicht stutzig gemacht haben. Und warum sie in den Monaten vor der Verhaftung tatsächlich wie eine Sprechpuppe der katarischen Propagandaabteilung unterwegs gewesen ist.
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Ein Herz für Twitter
Vor ein paar Tagen hatte Elon Musk auf Twitter eine Umfrage gestartet, ob er weiter Chef der Plattform bleiben solle. Das Ergebnis: Eine Mehrheit der teilnehmenden Userinnen und User wollte ihn loswerden. Vielleicht hat das Ergebnis Musk kurz die Sprache verschlagen, es dauerte jedenfalls, bis eine Reaktion kam. »Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen«, schrieb er gestern auf Twitter.
Besser als ein neuer Chef, der ja zwangsläufig Musks Pudel wäre, wäre indes ein neuer Besitzer. Vielleicht merkt Musk in diesen Tagen ja umso deutlicher, dass er sich mit dem Kauf der Plattform keinen Gefallen getan hat und das Spielzeug wieder loswerden sollte.
Die 44 Milliarden, die er selbst gezahlt hat, wird er sicher nicht mehr bekommen. Aber vielleicht wäre es für ihn trotzdem reizvoll, den Schaden wenigstens zu minimieren.
Vielleicht findet sich eine Art Crowdfunding-Ownership oder ein Kollektiv von Leuten, die nicht primär Gewinne abschöpfen, sondern die Plattform aus idealistischen Motiven weiterleben lassen wollen. Denn es ist doch so: Elon Musk mag mit seinen erratischen, rechtspopulistischen Manövern vielen Usern einen Schrecken eingejagt haben. Manche sind bereits abgehauen, andere warten noch ab. Zugleich aber machte die Teilzerstörung der Plattform vielen deutlich, wie wertvoll und erhaltenswert sie eigentlich ist. Als Informationsquelle, aber auch als Ort des demokratischen Dialogs, sofern es Regeln und Etiketten gibt, deren Einhaltung tatsächlich überwacht werden – gern auch noch stärker als in der Zeit vor Elon Musk.
All das wäre ja nach wie vor denkbar. Und daher auch möglich.
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Noch ein Herz für Twitter…
… hat Ursula von der Leyen. In der Coronapandemie fanden EU-Gipfel nur per Videoschalte statt, Reisen in ferne Länder waren tabu. In dieser trostlosen Zeit entdeckte die Kommissionspräsidentin Twitter für sich. Plötzlich sprach sie bevorzugt per Video oder gern auch per Tweet zum Volk. So weit, so verständlich.
Die Sache ist nur: Kommunikationstechnisch ist von der Leyen (offenbar ganz bewusst) in der Pandemie stecken geblieben. Das schreiben meine Brüsseler Kollegen Markus Becker und Ralf Neukirch. Von der Leyen versteckt sich nach wie vor am liebsten auf Twitter, statt fragenden Journalisten direkt entgegenzutreten. Als sie sich der Brüsseler Presse im Zuge des Korruptionsskandals kürzlich doch mal direkt stellen musste und die meisten Fragen wortreich nicht beantwortete, platzte manchen Journalistinnen und Journalisten genervt der Kragen.
Von der Leyen vermeidet es systematisch, in solche Situationen zu kommen. Auch sonst ist es schwierig bis unmöglich, sich der Kommissionspräsidentin zu nähern. Interviews gibt sie meist nur ganzen Journalistengruppen, auf Reisen darf die Presse sie meist nur begleiten, wenn dies eine gute Inszenierung verspricht. Das kann man natürlich so machen. Aber es fällt eben auch auf.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Markus Feldenkirchen