Ukraine-News am Montag: Kiew meldet erneut schwere Angriffe – auch Kamikazedrohnen im Einsatz
Eine Woche nach den schweren Angriffen steht die ukrainische Hauptstadt Kiew erneut unter Beschuss. Und: Das Rote Kreuz kontert Kritik von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die News.
Kiew meldet weitere Explosionen
08.17 Uhr: Der Beschuss von Kiew geht offenbar weiter: Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko teilte mit, dass das Viertel Schewtschenko von zwei weiteren Explosionen erschüttert worden sei. Bereits zuvor waren aus der ukrainischen Hauptstadt Luftangriffe gemeldet worden.
Gouverneur meldet Großbrand an Energieanlage in Region Dnipropetrowsk
7.58 Uhr: In einer Energieanlage in der Region Dnipropetrowsk ist dem dortigen Gouverneur zufolge ein großes Feuer ausgebrochen. In der Nacht sei dort eine Rakete eingeschlagen, teilt Valetyn Resnitschenko per Kurznachrichtendienst Telegram mit. »Drei feindliche Raketen wurden von unseren Luftverteidigungskräften zerstört«, schreibt der Gouverneur. »Eine Rakete hat eine Energieinfrastrukturanlage getroffen. Es gibt ein großes Feuer. Alle Dienste auf dem Gelände arbeiten.«
Fernwärmewerk war offenbar Ziel russischer Angriffe auf Kiew
7.45 Uhr: SPIEGEL-Korrespondent Christian Esch hat die Angriffe auf Kiew am Morgen miterlebt. Demnach waren um 6.45 Uhr Ortszeit mehrere Explosionen im Stadtzentrum zu hören. Einer der ersten Einschläge traf ein Gebäude in der Nähe des Hauptbahnhofes, dessen oberstes Stockwerk brannte, berichtet Esch.
Ziel der Attacken war offensichtlich das benachbarte Fernwärmewerk, das schon vor einer Woche Ziel von Luftangriffen gewesen ist. Die Angriffe heute wurden offenbar mit Drohnen durchgeführt – nicht wie vergangenen Montag mit Raketen.
Es handelt sich um iranische Kamikazedrohnen, wie ein Foto zeigt, dass die Kiewer Stadtverwaltung verbreitete. Im Gegensatz zu den schweren Angriffen auf die Hauptstadt vor genau einer Woche ging der Berufsverkehr laut SPIEGEL-Korrespondent Esch an diesem Montag weiter. Auch Passanten zeigten sich weitgehend unbeeindruckt. Das unterscheidet die Angriffe heute von denen vergangene Woche.
Russische Logistikprobleme verschärfen sich laut britischem Geheimdienst
7.17 Uhr: Die Zerstörung der Krim-Brücke hat die Versorgungsprobleme der russischen Armee im Süden der Ukraine offenbar weiter verschärft. Das teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf eigene Geheimdienstinformationen mit. Demnach ist die Brücke inzwischen teilweise wieder für Verkehr geöffnet, jedoch gebe es eine lange Schlange mit wartenden Lastwagen in der Nähe der Brücke.
Die Briten gehen davon aus, dass Russland die Ausfälle der Transporte über die Krim mit verstärkten Lieferungen über die schwer zerstörte Stadt Mariupol zu kompensieren versuchen könnte.
Beschuss in Regionen Charkiw, Donezk und Cherson dauert an
6.42 Uhr: Nach Angaben des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte aus der Nacht zum Montag beschießen russische Streitkräfte weiterhin ukrainische Stellungen an mehreren Fronten, darunter Städte in den Regionen Charkiw, Donezk und Cherson.
Die schwersten Kämpfe fänden nördlich von Bachmut statt, schreibt der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow im Internet. Die ukrainischen Streitkräfte hätten in den vergangenen 24 Stunden russische Vorstöße auf die Städte Torske und Sprine zurückgeschlagen. »(Die Russen) haben beschlossen, durch Torske und Sprine zu ziehen.« Die Frontlinie verschiebe sich ständig. »Unser Kommando verlegt Verstärkungen dorthin, Männer und Artillerie, um der russischen Überlegenheit in diesen Gebieten zu begegnen.«
Russland hatte am Sonntagnachmittag angegeben, bei Beschuss in der Region Charkiw drei Haubitzen aus US-amerikanischer Produktion zerstört zu haben. Unabhängig bestätigen lassen sich die Angaben nicht.
Rotes Kreuz weist ukrainische Kritik zurück
6.27 Uhr: Das Rote Kreuz hat Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zurückgewiesen, wonach die Hilfsorganisation sich nicht ausreichend um ukrainische Kriegsgefangene kümmere. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) habe moralische Verpflichtungen, hatte Selenskyj vergangene Woche gesagt und umgehende Besuche verlangt.
»Es hilft weder den Kriegsgefangenen noch ihren Familien, wenn dem IKRK die Schuld dafür gegeben wird, dass ihm der uneingeschränkte und sofortige Zugang verweigert wird«, teilte nun das IKRK am Sonntagabend mit. Elf Mitarbeiter, darunter ein Arzt, stünden in der von Russland besetzten Region Donezk für solche Besuche bereit, hätten aber bislang keine Erlaubnis erhalten.
Diese müsse von den beteiligten Staaten kommen. Sie seien nach den Genfer Konventionen verpflichtet, dem IKRK Zugang zu gewähren. »Kriegsgefangene und ihre Familien verdienen diesen Hoffnungsschimmer und die Menschlichkeit in den Qualen eines bewaffneten Konflikts«, teilte das IKRK mit.
Das IKRK verlange seit fast acht Monaten vergeblich, sämtliche Orte, an denen Kriegsgefangene interniert seien – darunter das Gefangenenlager Oleniwka – ungehindert und regelmäßig besuchen zu können. In dem Lager waren im Juli bei einer Explosion Dutzende Gefangene getötet worden.
Kiew offenbar mit Kamikazedrohnen attackiert
6.22 Uhr: In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat es am frühen Morgen offenbar Angriffe mit Kamikazedrohnen gegeben. Das teilte der Chef des Präsidentenbüros laut der Nachrichtenagentur Reuters mit. Zuvor hatte bereits Kiews Bürgermeister Witali Klitschko im Messengerdienst Telegram von mehreren Explosionen im Viertel Schewtschenko berichtet. Laut Reuters gab es mindestens drei Explosionen. Über Schäden und mögliche Opfer der Angriffe gab es zunächst keine Informationen.
Bürgermeister Klitschko teilte mit, in der Stadt gebe es Luftalarm, die Menschen sollten Schutz suchen. Ein Brand sei in einem Gebäude ausgebrochen, die Feuerwehr sei im Einsatz. Zudem seien mehrere Wohnhäuser beschädigt worden.
Bereits vor genau einer Woche hatte Russland mit Raketen ebenfalls zum Wochenbeginn im morgendlichen Berufsverkehr das Zentrum von Kiew beschossen. Die bislang schwersten Angriffe auf die Hauptstadt seit den frühen Wochen des Krieges hatte Moskau als Racheakt für die massiven Zerstörungen an der Krim-Brücke durchgeführt.
McAllister bringt Waffen-Leihe ins Spiel
5.42 Uhr: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU), begrüßt die geplante europäische Trainingsmission für ukrainische Soldaten in Mitgliedsländern der Europäischen Union. Die EU-Unterstützungsmission sei »angesichts des anhaltenden Krieges neben der Lieferung von militärischem Material ein sehr wichtiger Schritt, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine substanziell zu stärken«, sagte McAllistster der »Welt«.
Entscheidend sei, dass das Training eng mit den Nato-Verbündeten abgestimmt werde: »Die Aktivitäten von EU und Nato müssen komplementär sein.« Mit Blick auf Waffenlieferungen brachte der Ausschuss-Chef einen neuen Vorschlag ins Spiel: »Zur weiteren Unterstützung ist ein Vorschlag des Europäischen Parlaments, dass sich die Ukraine vorübergehend moderne Waffen vom Westen ausleiht. Die EU könnte Gelder zur Verfügung stellen, aus denen die Mietkosten bezahlt werden.«
Der Vorschlag kommt vor dem Treffen der Außenministerinnen und -minister der EU-Staaten an diesem Montag. Bei dem Treffen soll auch ein Ausbildungseinsatz für die ukrainischen Streitkräfte sowie der Einsatz von weiteren 500 Millionen Euro für den Kauf von Waffen und Ausrüstung beschlossen werden. Über die Ausbildungsmission sollen ab Mitte November Trainingsprogramme für rund 15.000 Soldaten angeboten werden.