Jens Stoltenberg sieht größte Eskalation seit Beginn des Ukrainekrieges
Jens Stoltenberg verurteilt die völkerrechtswidrige Annexion ukrainischer Gebiete. Er sieht die Nato-Staaten in Gefahr, wenn man Putin gewähren lässt – und warnt den Kreml.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat das jüngste Vorgehen Russlands im Krieg gegen die Ukraine als schwerste Eskalation seit Beginn der Invasion am 24. Februar bezeichnet. »Das ist ein entscheidender Moment«, sagte der Norweger am Freitag in Brüssel. Er verwies auf die »Teilmobilisierung« Russlands, nukleares Säbelrasseln und die unrechtmäßige Annexion ukrainischer Gebiete. »Nichts davon zeugt von Stärke. Es zeigt Schwäche«, sagte Stoltenberg. Dies sei ein Eingeständnis, dass der Krieg nicht nach Plan verlaufe und Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinen strategischen Zielen völlig versagt habe.
Den Befürchtungen wegen eines russischen Atomschlags sollte Stoltenberg zufolge nicht nachgegeben werden. Putin hatte am Nachmittag gesagt, Russland wolle Militärschläge in annektierten Gebieten von nun als Angriffe gegen das eigene Staatsgebiet werten. Er wiederholte die Drohung, »mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln« zu reagieren.
Stoltenberg betonte, wenn man die Annexion durch Russland akzeptiere und sich vom nuklearen Säbelrasseln davon abhalten lasse, die Ukraine zu unterstützen, dann akzeptiere man nukleare Erpressung. Vielmehr müsse man die Ukraine weiter unterstützen. Wenn man Putin gewinnen lasse, höre die Ukraine auf, als souveräne Nation zu existieren. Doch auch für die Nato-Staaten sei dies gefährlich. Es sei nicht so, dass Untätigkeit kein Risiko sei. Untätigkeit sei vielmehr ein großes Risiko, weil dadurch eine Welt geschaffen werde, in der Putin sehe, dass er ungestraft militärische Gewalt anwenden könne.
»Russland muss verstehen, dass ein Atomkrieg niemals gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.« Zugleich warnte Stoltenberg Russland mit ernsthaften Konsequenzen, falls es Atomwaffen nutze. Dies sei Moskau sei deutlich mitgeteilt worden. Stoltenberg bekräftigte indes, dass die Nato keine Konfliktpartei sei.
Gut sieben Monate nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine hat Russland vier Gebiete im Osten und im Süden des Landes annektiert. Putin unterschrieb am Freitag die Abkommen, mit denen die Einverleibung der besetzten Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson besiegelt wurde. International werden die Annexionen nicht anerkannt. Die EU, die G7-Staaten, die Nato und auch Deutschland verurteilten den Schritt scharf. Die USA verhängten neue Sanktionen gegen Moskau. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte als Reaktion auf die Annexionen an, einen beschleunigten Beitritt zur Nato zu beantragen.