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Libyen: Wladimir Putins Kampfjets fliegen im Bürgerkrieg

May 29
00:32 2020
Das Satellitenbild soll mehrere MiG-29 auf syrischem Boden zeigen Icon: vergrößern

Das Satellitenbild soll mehrere MiG-29 auf syrischem Boden zeigen

-/ AFP

Für den Warlord Khalifa Haftar läuft es derzeit nicht gut im Bürgerkrieg. Sein Versuch, die Hauptstadt Tripolis einzunehmen, ist gescheitert, seine "Libysche Nationalarmee" (LNA) befindet sich auf dem Rückzug. Mitte Mai musste sie den wichtigen Luftwaffenstützpunkt al-Watija räumen. Auch russische Söldner, die an seiner Seite kämpfen, mussten sich zurückziehen.

Aber just im Moment der Niederlage hat Haftar neue Unterstützung erhalten – in Form von Kampfjets, die aus Russland nach Libyen verlegt wurden. So wurde es schon vergangene Woche vermutet, und so hat es nun das Afrika-Kommando des US-Militärs bestätigt. Das Pikante daran: Laut US-Angaben wurden die Jets beim Zwischenstopp auf einer russischen Basis in Syrien umgestrichen, die Hoheitszeichen übermalt.

Russland hat demnach seinen Einsatz in Syrien deutlich erhöht – aber nur verdeckt. Und Haftar hätte nun russische Söldner nicht nur am Boden, sondern auch noch in der Luft. Was will und kann Moskau damit bewirken?

Überzeugende Belege

"Insgesamt wirken die Belege relativ überzeugend", sagt der russische Militärexperte Alexander Golts. "Was Russland bisher in Libyen unternimmt, ist – wenn man es in die Sprache der internationalen Beziehungen übersetzt – ohnehin eine Geheimoperation. Präsident Putin hat zum Beispiel offiziell behauptet, dass es dort keine Söldner gebe, die in russischem Auftrag kämpften." Dabei sind die Söldner der "Wagner"-Truppe, die für Haftar kämpfen, eng mit dem russischen Verteidigungsministerium verbunden.

"Russland unterstützt Haftar. Und weil die Truppen des Marschalls gerade eine Niederlage nach der anderen erleiden, ist Hilfe aus der Luft nötig, um ihn als eigenständige Kraft auf libyschem Territorium zu erhalten", sagt Golts. So wie die Türkei in der Not also Premier Fayez Sarraz in Tripolis unter die Arme griff, was Haftars Niederlagen zur Folge hatte, so tut es jetzt umgekehrt Russland mit Haftar.

Schon vergangene Woche hatte die Regierung in Tripolis gemeldet, mindestens sechs MiG-29-Kampfflugzeuge und zwei Su-24-Frontbomber seien von der russischen Basis Hmeimim in Syrien nach Libyen verlegt worden. Das US-Militär spricht jetzt von insgesamt 14 Maschinen.

"Wenn sie von bezahlten Profis geflogen werden, die besser ausgebildet sind als Haftars Leute, können sie viel bewirken. Schließlich kämpfen in Libyen insgesamt eher bescheidene Kräfte", sagt Golts.

Der Moskauer Militärexperte Pawel Felgenhauer wundert sich über die Auswahl der Flugzeuge. "Die MiG-29 ist für den Luftkampf gedacht, aber dafür fehlen ihr die Gegner. Wenn in Libyen türkische F-16 stationiert werden, dann hätten die MiG-29 eine Funktion. Aber so sind sie nutzlos. Gegen türkische Drohnen kann man sie nicht einsetzen, dafür fliegen sie zu schnell." Haftars Truppen hatten zuletzt unter Drohnenangriffen gelitten.

Was Haftar brauche, seien Flugzeuge für die Bekämpfung von Bodenzielen – und da seien zwei Su-24 zu wenig. "Das wirkt auf mich nicht wie eine regelrechte Aktion der russischen Luftwaffe, um den libyschen Luftraum zu kontrollieren. Dann hätte man nämlich eine andere Gruppierung zusammengestellt."

Für den Kreml ist das Kalkül in Libyen unklar. "Der Konflikt hat mit Russlands Interessen nichts zu tun", sagt Golts. "Es geht eher darum zu zeigen: Ohne uns wird nichts entschieden."

"Lüge und Provokation"

"Russland möchte seinen Einfluss in Libyen befestigen, aber eine direkte Konfrontation mit Erdogan will der Kreml nicht", sagt Felgenhauer. "Im Verteidigungsministerium ist die Unterstützung für Haftar größer als im Kreml. Verteidigungsminister Schoigu pflegt mit Haftar ein persönliches Verhältnis."

Das Verteidigungsministerium in Moskau kommentiert die US-Vorwürfe nicht und antwortete nicht auf eine SPIEGEL-Anfrage. "Dass russische Flugzeuge mit unseren Piloten dort fliegen, ist eine offenkundige Lüge und Provokation", behauptet Franz Klinzewitsch, Mitglied des Verteidigungsausschusses im Föderationsrat. Die MiG-29 werde seit 40 Jahren produziert und von vielen Ländern benutzt. "Es kämpft ja auch die halbe Welt mit Kalaschnikows, aber nur fünf Prozent werden in Russland hergestellt", sagt er.

Das Afrika-Kommando des US-Militärs zeigte zu seinen Vorwürfen Satellitenbilder und Luftaufnahmen, machte aber keine präzisen Angaben. Aber schon zuvor war ein Satellitenbild vom 19. Mai bekannt geworden, das eine MiG-29 auf der Basis al-Jufrah im Zentrum Libyens zeigte. Die MiG-29 waren offenbar unmittelbar zuvor aus Südrussland mit Zwischenstopp in Iran nach Syrien verlegt worden.

Zur selben Zeit verlor Haftars LNA ihren wichtigen Stützpunkt al-Watija bei Tripolis.

Am 21. Mai hatte Haftars Luftwaffenchef dann "die größte Luftkampagne in der libyschen Geschichte" angekündigt.

Icon: Der Spiegel

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