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Großbritannien bereitet Unternehmer auf “No Deal”-Brexit vor

October 19
06:05 2020
Britischer Premier Boris Johnson: Drohungen in Richtung der EU, Vorgaben an Unternehmen Icon: vergrößern

Britischer Premier Boris Johnson: Drohungen in Richtung der EU, Vorgaben an Unternehmen

Foto: Peter Nicholls / REUTERS

An diesem Montag soll ein weiterer Versuch starten, die Gespräche zwischen Großbritannien und der EU doch noch in erfolgreiche Bahnen zu leiten. Dafür reist EU-Chefunterhändler Michel Barnier erneut zu Gesprächen nach London. Zugleich jedoch laufen die Vorbereitungen für ein Ausscheiden der Briten ohne Abkommen mit der EU: der folgenschwere "harte" Brexit.

Großbritannien fordert deshalb britische Unternehmer auf, Vorbereitungen für einen solchen Austritt zu treffen. Rund 200.000 Händler würden einen Brief erhalten, in dem neue Zoll- und Steuervorschriften dargelegt werden, teilte die Regierung am späten Sonntagabend mit. "Täuschen sie sich nicht, in nur 75 Tagen gibt es Änderungen und die Uhr für die Unternehmen tickt", sagte der britischen Kabinettsminister Michael Gove dazu.

Jetzt müssten alle zusammenarbeiten, damit Großbritannien die neuen Chancen nutzen könne, die sich "aus einer unabhängigen Handelsnation mit Kontrolle über ihre eigenen Grenzen, Hoheitsgewässer und Gesetze" ergeben würden.

Handelskammer kritisiert die britischen Verantwortlichen

Die britische Handelskammer (BCC) warf der Regierung vor, für die mangelnde Vorbereitung der Unternehmen verantwortlich zu sein. "Angesichts der dreifachen Belastung durch ein Wiederaufleben des Coronavirus, verschärfter Beschränkungen und eines ungeordneten Austritts aus der EU nach der Übergangszeit ist es kein Wunder, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, sich vorzubereiten", sagte Adam Marshall, Generaldirektor der BCC.

Die Unternehmen seien es leid, immer neue "Klippen und Fristen" zu umschiffen, während sie infolge der Pandemie mit grundlegenden Herausforderungen kämpfen. Er hoffe weiterhin auf ein Abkommen mit der EU. "Ein Deal würde den Unternehmen mehr Klarheit bringen, damit sie planen können".

Einem Agenturbericht zufolge könnte Großbritannien ein umstrittenes, aber noch nicht verabschiedetes Binnenmarktgesetz ändern, um doch noch einen Deal mit der EU zu erreichen. In der derzeitigen Form würde das Gesetz der britischen Regierung die Möglichkeit geben, Teile des verbindlichen Scheidungsvertrags mit der EU außer Kraft zu setzen.

Drastische Worte von Boris Johnson

Vor den nächsten Brexit-Verhandlungen sind die Fronten zwischen der EU und Großbritannien verhärtet. Beide Seiten warfen am Wochenende erneut vor, zu wenig Kompromissbereitschaft zu zeigen. Am Freitag hatte der britische Premier Boris Johnson erklärt, die Gespräche über ein künftiges Handelsabkommen seien "vorbei". Dann jedoch ließ sich der Regierungschef ein Hintertürchen offen: Wenn Europa seine Position "grundlegend ändere", sei ein Ergebnis doch noch möglich, sagte Johnson.

Großbritannien werde "als unabhängige Freihandelsnation prosperieren, indem wir unsere eigenen Grenzen und unsere Fischerei kontrollieren und unsere eigenen Gesetze festlegen", sagte Johnson voraus – und blieb somit bei seinem Ton der vergangenen Monate.

Wie ernst ist die Drohung der Briten zu nehmen?

Dies sei "alles nur Rhetorik", sagte ein Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. Er verwies darauf, dass Johnson nicht gesagt habe, dass es keine weiteren Gespräche geben werde. Das betonte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Die EU arbeite weiter für ein Abkommen, allerdings nicht um jeden Preis.

Ende des Jahres läuft die Übergangszeit aus, in der Großbritannien noch EU-Regeln anwendet. Über die künftigen Beziehungen wird momentan verhandelt, bislang aber ohne Ergebnis. Johnson hatte zuletzt eine Frist bis zum 15. Oktober für eine Einigung gesetzt. Danach sprach er seine jüngste Drohung aus.

Zumindest von europäischer Seite scheint aber immer noch eine gewisse Verhandlungsbereitschaft auszugehen: Unterhändler Barnier will die Woche komplett in London verbringen und, wenn nötig, auch über das Wochenende bleiben.

Icon: Der Spiegel

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