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Corona – Rückschlag für Covid-19 Medikament: Wie wirksam ist Remdesivir?

October 17
01:07 2020
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Remdesivir: "Ein großer klinischer Durchbruch sieht anders aus"

Foto: Zsolt Czegledi/EPA-EFE/Shutterstock

Laut ersten Ergebnissen einer groß angelegten Studie hat der Wirkstoff Remdesivir nicht den erhofften Erfolg bei der Therapie von schwer erkrankten Covid-19 Patienten gebracht. Der Auswertung zufolge ist weder die Sterblichkeit gesunken noch hat das Mittel den Zeitpunkt hinausgezögert, ab dem Patienten beatmet werden mussten.

Remdesivir ist in mehreren Ländern zur Therapie von Covid-19 zugelassen. Vertrieben wird der Wirkstoff von der US-Pharmafirma Gilead unter dem Handelsnamen Veklury. Auch US-Präsident Donald Trump erhielt es kürzlich nach seiner Infektion.

Anfang Juli hatte die EU-Kommission mit Remdesivir erstmals eine bedingte Genehmigung für ein Medikament zur Therapie von Covid-19 erteilt. Es kann damit auch in Deutschland eingesetzt werden, allerdings unter Auflagen:

  • Es ist nur für schwer Erkrankte Covid-19-Patienten vorgesehen, die eine Lungenentzündung haben und eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen.

  • Das Mittel darf nur in klinischen Einrichtungen eingesetzt werden, in denen die Patienten engmaschig überwacht werden.

Remdesivir wurde ursprünglich zur Behandlung von Ebola-Patienten entwickelt, allerdings nie für diesen Einsatz zugelassen. Das Mittel wird per Infusion verabreicht und hemmt ein Enzym, das Viren für ihre Vermehrung benötigen. Wegen seiner antiviralen Wirkung wird es auch als mögliches Medikament gegen Covid-19 gehandelt.

Alle vier getesteten Wirkstoffe fielen durch

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte es deshalb in den sogenannten Solidarity Trial aufgenommen – eine Großstudie, an der Ärzteteams aus der ganzen Welt teilnehmen, mit so wenig bürokratischem Aufwand wie möglich. Laut den nun veröffentlichen ersten Ergebnissen brachte jedoch keines der vier getesteten Wirkstoffe den erhofften Erfolg, auch Remdesivir nicht.

Für die Analysen waren die Daten von 11.000 Patienten aus 400 Krankenhäusern ausgewertet worden. Die Studie soll nun von unabhängigen Wissenschaftlern begutachtet werden und dann im Fachblatt "New England Journal of Medicine" erscheinen.

Neben Remdesivir wurden in der Studie zunächst auch das Malariamittel Hydroxychloroquin und eine Kombination der HIV-Medikamente Ritonavir und Lopinavir getestet. Die Studien wurden jedoch eingestellt, nachdem andere Untersuchungen und erste Ergebnisse der WHO-Analyse gezeigt hatten, dass sie keinen substanziellen Einfluss auf die Genesung von Covid-19-Patienten hatten.

Damit richtete sich die Hoffnung vor allem auf Remdesivir. Die vorläufigen Studienergebnisse konnten das nun jedoch nicht bestätigen. Von 2743 Patienten, die mit Remdesivir behandelt wurden, starben elf Prozent. In der etwa gleich großen Vergleichsgruppe, die der die Patienten nicht mit dem Mittel behandelt wurden, waren es 11,2 Prozent. Der Unterschied ist so gering, dass er auch zufällig entstanden sein könnte.

Das Aus für Remdesivir?

Hersteller Gilead zweifelt an der Aussagekraft der nun veröffentlichten Ergebnisse. Da an der Studie Ärzteteams weltweit teilnehmen können, seien Abweichungen bei der Durchführung, Kontrolle und den ausgewählten Patienten zu erwarten. "Folglich ist unklar, ob aus den Studienresultaten schlüssige Erkenntnisse gezogen werden können", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.

Gilead verweist auf eine Studie, die in der vergangenen Woche im Fachblatt "New England Journal" veröffentlicht wurde. Bei der Untersuchung mit mehr als 1000 Krankenhaus-Patienten erhielt rund die Hälfte Remdesivir, die andere Hälfte wurde mit einem Placebo behandelt und diente als Kontrollgruppe. Demnach erholten sich Covid-19-Patienten, die Remdesivir bekommen hatten im Mittel fünf Tage schneller. Ein Nachweis, dass sich durch Remdesivir die Sterblichkeit signifikant verringert, fehlt jedoch.

Aus den Studien geht auch nicht hervor, ob Remdesivir womöglich einen größeren Effekt hat, wenn es möglichst früh verabreicht wird, bevor Patienten ins Krankenhaus müssen. "Covid spät zu behandeln, ist schwierig", teilte Benjamin tenOever von der Icahn School of Medicine dem Wissenschaftsmagazin "Science" mit. In einem fortgeschrittenen Stadium seien eher Entzündungen und Gerinnungsstörungen ein Problem. Ein antivirales Medikament wie Remdesivir kann da womöglich nur wenig ausrichten.

Ob die neuen Studienergebnisse Einfluss auf die bedingte Zulassung in der EU haben werden, muss sich zeigen. "Ich vermute, dass die Anwendung von Remdesivir sich durch die Solidarity-Studie nicht rasch ändern wird", sagte Bernd Salzberger, Infektiologe an der Uniklinik Regensburg dem Science Media Center. Alle bisherigen Studien hätten gezeigt, dass sich der Zustand von Covid-19 besserte, nachdem sie Remdesivir bekommen hatten – auch wenn eine geringere Sterblichkeit bisher nicht nachgewiesen wurde.

2000 Euro pro Behandlung

In der EU gilt die Zulassung für Remdesivir – anders als sonst üblich – erst mal nur begrenzt für ein Jahr. Anschließend soll anhand weiterer Studienergebnisse über eine längerfristige Zulassung entschieden werden. Gibt es Hinweise, dass das Mittel nicht den gewünschten Effekt hat, kann die Zulassung auch schon vorher entzogen werden.

Derzeit untersucht die EU-Arzneimittelbehörde Ema beispielsweise, ob Remdesivir möglicherweise Nierenschäden bei Covid-19-Patienten auslösen könnte. Ob es einen Zusammenhang gibt, ist jedoch noch völlig unklar. Auch das Coronavirus kann die Nieren befallen.

Die EU soll sich bereits für eine Milliarde Euro die Lieferung von 500.000 Dosen Remdesivir für die kommenden sechs Monate gesichert haben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich auf einen Insider. Damit würden sich die Kosten für eine fünftägige Behandlung auf etwa 2000 Euro berufen. Diesen Preis hatte Gilead auch in den USA aufgerufen.

"Vorerst ist Remdesivir das einzige Medikament, neben Dexamethason, das uns an der klinischen COVID-19-Front zur Verfügung steht", sagte Clemens Wendtner, Infektiologe an den München Klinik Schwabing dem Science Media Center. "Aber ein großer klinischer Durchbruch sieht anders aus und mahnt uns, dass der Kampf gegen COVID-19 noch lange nicht gewonnen ist."

Icon: Der Spiegel

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