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Armin Kohl

January 16
15:21 2021
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Armin Laschet

Foto: ODD ANDERSEN / AFP

Es gibt im Kampfsport, beim Ringen genauso wie im Käfigkampf, den Kämpfertyp des »Grinders«. Der Begriff kommt vom englischen Verb "to grind", was wörtlich bedeutet: mahlen, zerreiben. Der Grinder fällt nicht durch spektakuläre Aktionen auf, er zielt nicht auf den schnellen KO, sondern zermürbt seine Gegner langsam, kontinuierlich, mit großer Ausdauer. Man unterschätzt ihn leicht, gerade deswegen ist er ein unangenehmer Gegner.

Und so einer ist jetzt Vorsitzender der CDU.

Armin Laschet hat sich im Rennen um den CDU-Vorsitz ein Jahr lang geweigert, so etwas wie Wahlkampf zu machen. Er hat sich in der Coronakrise Pannen, schwache Auftritte und Aussetzer geleistet, hat das Gerede ertragen, die Spekulationen, ob an seiner Stelle nicht besser Jens Spahn Vorsitzender werden sollte. Dann hat er am Samstag die Rede seines Lebens gehalten und gewonnen.

Kohl hat Probleme ausgesessen, Laschet sitzt Gegner aus

Laschet hat insgesamt nicht allzu viel mit Helmut Kohl gemein, eines aber schon: die Methode des Aussitzens. Kohl hat Probleme ausgesessen, Laschet sitzt Gegner aus. Er hat diese Methode im Lauf seiner Karriere perfektioniert, er ist damit in mehrere Parlamente eingezogen, Ministerpräsident geworden, und jetzt steht er kurz vor dem Gipfel. Denn seit diesem Samstag ist klar: Er kann es damit auch ins Kanzleramt schaffen.

»Ich bin vielleicht nicht der Mann der perfekten Inszenierung, aber ich bin Armin Laschet«, so hat er es in seiner Rede gesagt. Das war ein kleiner Gruß nach München, wo Markus Söder nun weiß, mit wem er sich über die Kanzlerkandidatur einigen muss. Söder ist politisches Tier genug, um zu wissen: Das wird hart.

Für Söder sprechen vor allem dessen Umfragewerte, er liegt da meilenweit vor Laschet, eigentlich müsste die Sache klar sein. Ist sie aber nicht.

Will Laschet Kanzlerkandidat werden, muss er nur ruhig bleiben

Laschets Werte dürften nach dieser Wahl und seinem starken Auftritt beim Parteitag nach oben gehen. Er wird dann mutmaßlich noch immer hinter Söder liegen, aber damit wird er genauso umgehen wie mit all dem Gelächter, dem Spott des vergangenen Jahres. Er wird die Sache aussitzen. Genauso wie die Landtagswahlen im März, aus denen die CDU mit zwei Niederlagen herauskommen könnte.

Wenn Armin Laschet wirklich Kanzlerkandidat werden will, muss er eigentlich nur noch ruhig bleiben. Er ist jetzt der Chef der deutlich größeren Partei, auch wenn es am Ende, in der Stichwahl, noch mal knapp wurde. Chef ist Chef – und selbst die SPD hat es im vergangenen Jahr hinbekommen, nach einem engen Wahlkampf um den Vorsitz zur Geschlossenheit zurückzufinden. Der Machtmaschine CDU wird das erst recht gelingen.

Inhaltlich wäre ein Laschet-Wahlkampf wohl beinah deckungsgleich mit einem Söder-Wahlkampf. Beide wollen nicht polarisieren, sondern die Merkel-Wähler der vergangenen Jahre bei der Stange halten, beide haben einen grünen Anstrich (und wären deshalb ein Problem für die Grünen). Es geht nur noch um die Person. Und selbst da gibt es mindestens einen Punk, der klar für Laschet spricht.

Söders Vergangenheit ist Laschets Vorteil

Söder mag sein Image rasant gewechselt haben – doch sobald er nicht mehr nur Ministerpräsident wäre, sondern Kanzlerkandidat, würden im Lauf des Wahlkampfs wieder all seine alten Auftritte und Aussprüche aus dem Archiv geholt, die Zitate und Videoschnipsel aus jener Zeit, als er noch den Scharfmacher der CSU gab, als ihm keine Pointe zu plump und keine Tirade zu spalterisch war. Es würde sich dann rasch die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Kandidaten stellen, danach, ob unter dem Schafspelz womöglich noch der alte Wolf schlummert.

Ein Kanzlerkandidat Laschet hätte dieses Problem nicht, weil da schlicht zu wenig ist, was man gegen ihn verwenden könnte, zumindest politisch. Gut, er hat als Dozent an der Uni mal ein paar Klausuren verbummelt, aber das war es dann auch weitgehend. Auch diesen Patzer hat er übrigens erfolgreich ausgesessen.

Armin Laschet ist kein aufregender Politiker, er steht für Behaglichkeit, Gemütlichkeit, auch darin gleicht er übrigens Kohl, jedenfalls dem späteren Kohl. Er steht für ein Irgendwie-weiter-so. Normalerweise ist das im Wahlkampf tödlich.

In diesem Jahr aber, nach einer weltweiten Pandemie, nach einem Präsidenten Trump, nach einer hektischen, aufgeregten, teilweise irren Zeit, wird sich die Mehrheit der Deutschen, wenn nicht alles täuscht, genau danach sehnen.

Es könnte das Jahr des Armin Laschet sein.

Icon: Der Spiegel

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